Peter Frost, Shame on you, Iceland; Morning Star 2.6.2013
Die Rede ist hier von Kristján Loftsson, dem einzigen aktiven Walfangunternehmer Islands. Am 2. Juni hatte er gegenüber der isländischen Zeitung Morgunblaðið angekündigt nach zwei Jahren Pause den Walfang wieder aufzunehmen. Bis zu 154 Finnwale plus 20% der Quote des letzten Jahres (weil 2012 kein Walfang stattfand), dürfen von Island aus gefangen werden. Die Quote haben sich die Isländer selbst gesetzt, wie derStandard.at berichtet.
Finnwale sind, nach dem Blauwal, die zweitgrößten Tiere der Erde. Die bis zu 70 Tonnen schweren Tiere werden auf der Roten Liste der International Union for Conservation of Nature (IUCN) als gefährdete Tierart geführt, weil ihr Bestand in den Jahren 1929–2007 um mehr als 70% zurückging. Im Nordatlantik gibt es heute noch ca. 52 000 Finnwale, was weltweit die größte Population ausmacht.
Japan als einziger Absatzmarkt
Im Jahr 2010 wurden 148 Finnwale gefangen, 2011 und 2012 verzichtete man in Island auf die Jagd, weil der einzige Absatzmarkt für Walfleisch — Japan — von einer schweren Tsunamikatastrophe betroffen war. In diesem Jahr scheint die Nachfrage in Japan wieder zu steigen, was wohl hauptsächlich auf die Sabotageaktionen der japanischen Waljagd im Südpolarmeer durch die Umweltschutzorganisation Sea Shepherd zurückgeht. Dort konnten von 50 genehmigten Finnwalen bislang kein einziger harpuniert werden. Langfristig dürfte die Nachfrage aber auch in Japan zurückgehen, denn laut Taku Sasaki von der japanischen Fischereibehörde haben sich die Essgewohnheiten der Japaner geändert: Nur in wenigen Gegenden sei das Fleisch noch gefragt. Viel werde heute in Schulkantinen verarbeitet und die Lagerbestände seien in diesem April auf fast 4000 Tonnen gestiegen. Vor gut zehn Jahren war es zum gleichen Zeitpunkt etwa die Hälfte.
Im Mai wurde zudem bekannt, dass das Walfleisch von in Island gefangenen Finnwalen von japanischen Firmen zu luxuriösem Hundefutter verarbeitet wurde. Nach starken Protesten zog zumindest eine Firma das Futter zurück, allerdings nicht weil sie die Finnwale für schützenswert hält, sondern weil der Verkauf “einige Leute verärgert”.
“It is grotesque that this Icelandic company is flouting two international conventions in order to feed endangered fin whales to pampered pets in Japan,” sagte Clare Perryvon von der Environmental Investigation Agency (EIA) dem Guardian. Damit konfrontiert, dass das Walfleisch seiner Fabrik Hvalur hf. in Japan zu Hundefutter verarbeitet wird, antwortete Loftsson in einem Interview mit dem isländischen Rundfunksender RÚV, dass er davon nichts wisse.
Es regt sich Widerstand
In Island dagegen wird in diesen Tagen kräftig gejagt: “Es ist eine tolle Atmosphäre hier in der Walfangstation, nicht schlechter als in früheren Tagen”, freut sich Harri F. Gunnlaugsson Leiter der Walfangsstation. Nachdem in Island am 17. Juni der erste Finnwal der Saison erjagt wurde, schleppte die isländische Walfangflotte bereits elf der riesigen Tiere an Land.
Für Krstján Loftssons Wahlfangflotte Hvalur läuft die bisherige fünfjährige Jagdgenehmigung allerdings in diesem Jahr aus. Ob die gerade neu angetretene Mitte-rechts-Regierung die Fanggenehmigungen verlängert, steht in Frage. Die bisherige rot-grüne Regierung hatte sie zwar aus juristischen Gründen nicht aufheben können, aber durch die Ausweisung von Schutzzonen in Gebieten wo populäre Walsafaris für Touristen stattfinden, die Jagd erschwert.
Außerdem regt sich auch in Island Widerstand gegen den Walfang. Bereits bei der Ankunft des ersten Finnwales in diesem Jahr, am 18. Juni in der Walfangstation im Fjord Hvalfjörður, protestierten mehrere Dutzend Menschen mit Transparenten in der Nähe der Fabrik. Sigursteinn Másson, Vertreter der Tierschutzorganisation International Fund for Animal Welfare (IFAW), sagte gegenüber RÚV, dass es unglaublich sei, dass auch im Jahr 2013 noch Jagd auf Wale gemacht werde. Außer Japan hätten alle anderen Nationen den Walfang aufgegeben. Keine andere Person außer Krstján Loftsson setze den unsinnigen Walfang in Island fort. Die Tourismusorganisation Ferðamálasamtök Íslands lehnt den Walfang als nicht vereinbar mit der nachhaltigen Nutzung von Ressourcen und kontraproduktiv für das allgemeine Image Islands bei Touristen ebenfalls ab.
Auch der Rest der Welt scheint sich gegen den isländischen Walfang zu formieren. Eine Online-Petition von avaaz.org konnte nun die Niederlande dazu bringen, ihre Häfen für Schiffe, die Walfleisch transportieren, zu schließen. Damit tun es die Niederländer den Finnen und Deutschen gleich, deren Häfen ebenfalls keinen Schiffen mit Walfleischladung offenstehen.
Eine neue deutschlandweite Aktion von avaaz.org gegen den isländischen Walfang findet ihr hier. Und so bleibt als Schlusswort wohl nur ein weiteres Zitat von Peter Frost aus seinem Text in der Morning Star vom 2. Juni 2013:
“While the battle to save all whales goes on, Icelandic waters are red with their blood.”
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