Weihnachten steht vor der Tür und in dieser Zeit sind die skandinavischen Länder für viele vielleicht mehr denn je Sehnsuchtsländer – schließlich wohnt ja auch der Weihnachtsmann in Finnland. Oder wo war das jetzt? Naja, jedenfalls verspricht der Norden wunderschöne Winterlandschaften, Gemütlichkeit und schöne weihnachtliche Traditionen. Über die wollen wir in dieser kleinen Serie schreiben: darüber, welche Bräuche es in Schweden, Dänemark, Finnland, Norwegen und Island in der Weihnachtszeit gibt, was man isst und allgemein wie man diese Zeit des Jahres im Norden begeht. Und hoffentlich werden wir euch damit auch etwas in Weihnachtsstimmung versetzen.
Teil 2: Island
Nicht jeder isländische Weihnachtsbrauch mutet auf den ersten Blick weihnachtlich an. Aber die Zeit ist reich an Bräuchen, Licht und ganz viel Weihnachtsstimmung.
Von stinkendem Fisch.…
Igitt. Er stinkt erbärmlich. Und das an Weihnachten! Gammelrochen, “Kaest Skata”: Viele Isländer essen ihn am 23. Dezember, einen Tag vor Weihnachten. Eigentlich sind Rochen hochgiftig und völlig ungenießbar: Sie scheiden, ähnlich wie der Hai, ihre Harnsäure nicht über die Nieren aus, sondern lagern sie im eigenen Fleisch ab.
Damit man den Rochen überhaupt essen kann muss er vier bis fünf Wochen vor sich hin verwesen. Die Frage, die sich aufdrängt ist: WARUM ISST MAN STINKENDEN HALBVERWESTEN FISCH? Ralf Quibeldey findet in seinem Spiegelartikel Wikingers Weihnacht folgende Erklärung: “Irgendwann in Zeiten der Hungersnot muss ein Isländer mit der Todesverachtung eines Wikingers herausgefunden haben, dass man Rochen doch essen kann, wenn man ihn nur lange genug rotten lässt.” Eine andere (von mir erdachte Erklärung) zielt in eine ähnliche Richtung: Vielleicht war das isländische Weihnachtsessen am 24. Dezember so ärmlich, dass man es nur wie ein Festessen genießen konnte, wenn man am Tag zuvor einmal in einen kulinarischen Abgrund geschaut hatte. Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, dass der Gammelrochen gar nicht so schlimm schmeckt — wenn man schon vorher vom schlimmsten ausgeht.
Es gibt natürlich auch noch anderes, weit weihnachtlicheres Essen im weihnachtlichen Island. In der Vorweihnachtszeit wird beispielsweise “Laufabrauð” gebacken. Ein dünnes, rundes Brot, das mit gemusterten Teigschneidern bearbeitet und dann in Fett gebraten wird. Wie man das macht und wie es aussieht kann man in dem Beitrag der Icelandic Review sehen:
Am Weihnachtstag selber isst man dann mittags Milchreis, in dem eine Mandel versteckt ist. Wer sie findet bekommt ein Extrageschenk. Und abends gibt es dann das wirkliche Festessen. Oft Alpenschneehuhn in weißer Soße mit Karamellkartoffeln. Wihnachtlich ist auch Hangikjöt, geräuchertes Lammfleisch, Schweinelende oder Fisch.
… und 13 Weihnachtsmänner
Isländer haben keinen Weihnachtskalender im herkömmlichen Sinn. Dafür haben sie viele Weihnachtsmänner (auf Isländisch Jólasveinar). Ab dem 12. Dezember kommen diese bis zum 24. einzeln aus den Bergen hinunter und bringen den Kindern Geschenke. Diese stecken sie in die extra dafür auf dem Fensterbrett bereitstehenden Schuhe. Unartige Kinder bekommen allerdings nur eine alte Kartoffel. Früher waren die Weihnachtsmänner eher gemein, daraus leiten sich auch ihre Namen ab: Der Türzuschläger, zum Beispiel ärgerte durch Lärm die Leute, der Wurststibitzer, angelte die geräucherten Würste aus dem Rauchfang und der Kerzenschnorrer, hatte es auf Kerzen abgesehen. Noch heute stellen die Kinder dem Topfschaber einen halbleeren Kochtopf mit aufs Fensterbrett und dem Skyrgierschlund ein wenig Skyr (eine Art Quark), um sie zu besänftigen. Am 24. Dezember sind dann alle Weihnachtsmänner zusammen und bringen Geschenke.
Eine andere Rolle spielt die Mutter der Weihnachtsmänner: Ihr wird nachgesagt, dass sie am liebsten unartige Kinder fresse. Zum Familienleben in der Höhle der Weihnachtsmänner gehören zudem noch der faule Vater, Leppalúði und die Weihnachtskatze. Die ist gar nicht niedlich: Sie frisst alle, die zu Weihnachten keine neuen Kleidungsstücke bekommen haben. Hier ein eindrückliches Lied, in dem die Katze auf der Suche nach Beute durch die Straßen zieht.
Am 24. Dezember wird morgens der Toten gedacht. Familien sammeln sich auf den Friedhöfen, es werden kleine Reden und auch mal lustige Anekdoten vorgetragen. Dann werden die Gräber mit Kerzen, elektrisch beleuchteten Kreuzen oder Lichterketten geschmückt.
Weil es in Island schon früh sehr dunkel wird, spielt Licht in der Weihnachtszeit eine große Rolle. Schon früh im November schmücken die Isländer Vorgärten, Häuser, Schulen und Gemeindezentren mit reichlich Lichterketten, blinkenden Rentieren und lebensgroßen Weihnachtsännern. Auch in den Häusern hängen sie viel Weihnachtsdeko auf. Und obwohl Island nicht gerade mit Nadelwäldern gesegnet ist (praktisch gar nicht) muss man auf Weihnachtsbäume nicht verzichten — auch sie werden natürlich reichlich geschmückt.
Nach den üblichen Feiertagen vom 24. bis 26. Dezember ist Weihnachten auf Island aber noch nicht zu Ende. Noch bis zum 6. Januar, bis zum 13. Weihnachtstag (Heilige Drei Könige) kehren die Weihnachtsmänner einzeln in die Berge zurück. An diesem Tag werden dann noch einmal, wie zu Silvester Feuerwerke gezündet.
Wenn ihr außerdem wissen wollt, wie in den anderen Ländern Weihnachten gefeiert wird, lest hier mehr:
Teil 1 – Weihnachten in Schweden: Lucia, Tomte und Julklappar
Teil 2 – Weihnachten in Island: Stinkender Fisch und die gefährliche Weihnachtskatze
Teil 3 – Weihnachten in Finnland: Joulu und die Weihnachtssauna
Teil 4 – Weihnachten in Dänemark: Julebryg, Nisser und Hygge
Teil 5 – Weihnachten in Norwegen: Geselligkeit und Lutefisk
Mehr zu den 13 Weihnachtsmännern:
It’s time to lad it up! https://t.co/VBOZivbWWL
— Reykjavík Grapevine (@rvkgrapevine) December 12, 2015
9 Kommentare
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