von Martina Sander
Wer kennt ihn nicht, Michel aus Lönneberga, den Lausejungen, der so viel Unfug macht, dass die ganze Gemeinde sammelt, um ihn ins ferne Amerika abzuschieben.
Das Berliner Kindertheater (BKT) widmet sich in diesem Sommer wieder einem Astrid-Lindgren-Klassiker, dem Jungen aus Katthult. Michel ist stark und klug und dass seine guten Ideen mal wieder Unfug gewesen sind, weiß er immer erst hinterher — wenn er seine Strafe im Tischlerschuppen absitzt und sich die Zeit mit dem Schnitzen von Männchen vertreibt. 99 sind es schon, dem hundertsten muss ein besonderer Streich vorausgehen, da sind sich Michel und Alfred einig. Und obwohl der Tag ganz gut für Michel anfängt, er hilft Lina einen Zahn zu ziehen und spart dem Vater Kronen ein, weil er die Suppenschüssel selbst zerschlägt, ist da noch die Sache mit Klein Ida, die er die Fahnenstange hochzieht, damit sie bis Lönneberga schauen kann….
Das Schauspiel ist witzig, manchmal derb – der eigentliche Star ist allerdings nicht Michel, sondern Lina/Colombina (hervorragend Stephanie Hottinger), die hier ihre ganzen verführerischen Möglichkeiten ausspielt, um Knecht Alfred zu binden. Und das ist das einzige, was an der Inszenierung etwas nervt. Das Frauenbild, das natürlich der literarischen Vorlage aus den frühen Sechzigern geschuldet ist, hätte, wenn nicht vorsichtig modernisiert, nicht noch ausgebaut werden müssen. Da hilft auch nicht viel, dass Michels Vater Anton als Geck entlarvt wird.
Das Freilichttheater-Panorama ist wunderbar, auch bei schlechtem Wetter. Die Schauspielerinnen und Schauspieler sind superengagiert, es wird viel und schräg gesungen und nebenher erfahren die Kinder (und vielen Erwachsenen) auch noch, wie das Bauernleben in Schweden vor 100 Jahren ausgesehen hat. Mir hat es gefallen, die vierjährige Begleitung hat die Michellieder noch am Abend gesummt – und schließlich macht ja auch ein echtes Pferd mit.
Michel läuft noch einen weiteren Monat im Freilichttheater der Zitadelle, im Winter folgt dann „Pippi Langstrumpf feiert Weihnachten“.