Letzte Woche wurden wieder fünf Tage lang (29.10. – 02.11.) die neuesten Spiel‑, Dokumentar- und Kurzfilme aus Schweden, Dänemark, Norwegen, Finnland, Island und dem Baltikum bei den Nordischen Filmtagen Lübeck vorgestellt.
1956 wurden die Nordischen Filmtage Lübeck erstmals veranstaltet und sie sind nach wie vor das einzige Festival in Europa, das sich ganz auf die Präsentation von Filmen aus dem Norden und dem Nordosten Europas spezialisiert hat.
Bei der Preisverleihung am vergangenen Samstag ging der NDR Filmpreis an den isländischen Film Vonarstræti (Life in a Fishbowl) von Baldvin Z. (Zophoníasson). „Der Film sticht vor allem durch seine ungewöhnliche, sehr besondere Schauspielleistung hervor. Eine Geschichte, die durch eine tiefe Menschlichkeit in einer durchaus kalten Gesellschaft fesselt. Ein dramaturgischer Bilderbogen, der anmutet wie ein Roman, zeichnet dem Zuschauer verschiedene Lebensentwürfe auf, die so ungewöhnlich wie ergreifend skizziert sind“, heißt es in der Jurybegründung.
Vonarstræti zeigt drei Menschen in Reykjavík zwei Jahre vor der großen Finanzkrise: Eine alleinerziehende Mutter, die wegen ihres knappen Gehalts als Kindergärtnerin, nachts als Callgirl arbeitet. Ein einst erfolgreicher Autor, der nach seiner Scheidung und dem Tod seiner Tochter dem Alkohol verfällt. Und ein ehemaliger Fußballspieler, dessen neue Karriere als Banker auf Kosten seines Familienlebens und seiner moralischen Integrität geht. „Die geschickt miteinander verflochtenen Episoden um die drei Figuren ergeben zusammen ein bedrückendes Porträt der isländischen Gesellschaft kurz vor ihrem Kollaps“.
Laut NDR Intendant Lutz Marmor zeigt der Film „eindringlich, welchen Einfluss der wirtschaftliche Niedergang Islands auf die Schicksale einzelner Menschen hatte. Zugleich entführt er in ein Land, in das wir selten einen so intensiven Einblick bekommen wie hier“.
Den Publikumspreis der Lübecker Nachrichten erhielt die Liebeskomödie HallåHallå, den die Hauptdarstellerin Maria Sid für die Regisseurin Maria Blom entgegen nahm. Der schwedische Beitrag handelt von Trennungen und Neuanfängen und wurde bereits mit dem Schwedischen Filmpreis ausgezeichnet.
Der schwedische Regisseur Ronnie Sandahl erhielt für seinen Debütfilm Svenskjävel (Schwedenbastard) den Preis der Baltischen Jury. Der Schwedenbastard, das ist Dino, eine 23 jährige Schwedin, die ihre Heimat wegen der hohen Jugendarbeitslosigkeit verlassen hat, um in der florierenden Hauptstadt Norwegens Arbeit zu finden. Über Umwege landet sie als Kindermädchen und Haushälterin in einem Mittelklasseheim. Die Situation weckt auf beiden Seiten Sehnsüchte und Begehrlichkeiten. Dino gerät in ein Dreiecksverhältnis und findet sich in einem unerwarteten Machtspiel wieder.
Wie viel wiegt eigentlich ein Leben? Und die Liebe? Diesen Fragen versucht der norwegische Eröffnungsfilm 1001 Gram auf den Grund zu gehen. Der Film von Regisseur Bent Hamer wurde mit dem Kirchlichen Filmpreis Interfilm ausgezeichnet und kommt am 18.12.2014 in Deutschland in die Kinos.
Neben diesen großen Spielfilmen wurde auch eine Vielzahl von Retrospektiven, Dokumentar- und Kurzfilmen gezeigt. Darunter der sehr bewegende schwedische Beitrag Still Born, in dem die Regisseurin Åsa Sandzén zu verarbeiten versucht, ihr Kind schon vor der Geburt verloren zu haben.
Weitere Informationen findet ihr auf der Homepage der Nordischen Filmtage Lübeck.
Das NDR Fernsehen zeigt noch bis zum 24. November anlässlich der Nordischen Filmtage herausragende Spielfilme aus dem hohen Norden: dänische, schwedische und norwegische Krimis, Sozialdramen und skurrile Fernsehfilme. Darunter ist auch der im vergangenen Jahr in Lübeck mit dem NDR Filmpreis ausgezeichnete Krimi „Der Nordwesten“ des dänischen Regisseurs Michael Noer — zu sehen am Montag, 10. November, um 23.15 Uhr.