Der Norden in Serie: Lilyhammer
Der New Yorker Mafioso Frank Tagliano überwirft sich mit dem neuen Boss des Delucci-Clans. Der Versuch, Frank umzubringen, schlägt fehlt, allerdings muss dabei dessen Hund Lily sein Leben lassen. Daraufhin verrät Frank den Mafia-Boss an das FBI und wird im Gegenzug ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen.
Um sich ein neues Leben aufzubauen, entscheidet Frank sich in die norwegische Kleinstadt Lillehammer zu ziehen – oder Lilyhammer 1 wie er es nennt – denn das hat er noch in guter Erinnerung von den Olympischen Spielen 1994: „Did you see the Olympics in 94? Clean air, fresh white snow and gorgeous broads. It was beautiful!“. Und so landet er als Giovanni Hendriksen in der verschneiten Kleinstadtidylle.
Doch mit den Neuanfang im Norwegerpullover legt Frank seine alten Gewohnheiten nicht ab. Er besticht, erpresst und wird gewalttätig, um manchmal anderen, aber meistens sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Auf diese Weise bleibt er nicht lange der arbeitslose Einwanderer, sondern hat sich schon bald einen Nachtclub aufgebaut, ein neues Apartment verschafft und den örtlichen Rockerclub in seine eigene Organisation umgewandelt.
Lilyhammer lebt natürlich zum einen von seinen hervorragenden Charakteren. Neben Steven van Zandt, der als der Mafioso Frank Tagliano perfekt besetzt ist, glänzen norwegische Schauspieler in ihren Rollen als teils kauzige Kleinstädter. Dabei kommt die Serie ohne die glatte und stylische Fassade anderer US-Produktionen aus und setzt auf erfreulich natürlich und normal aussehende Darsteller. Da ist der übereifrige Polizist Geir (Kyrre Hellum), der nebenbei als Elvis-Imitator auftritt und alsbald versucht den dubiosen Neuankömmling Frank mit Al Qaida in Verbindung zu bringen. Der schmierigen Arbeitsvermittler Jan (Fridtjov Såheim), den Frank mit dessen Vorliebe für (zu) junge Mädchen erpresst, um eine Barlizenz zu erhalten. Den bislang arbeitslosen und trotteligen Torgeir (Trond Fausa Aurvåg) macht Frank zu seinem Barmanager, woraufhin dieser, voller Bewunderung für seinen Boss, in seiner neuen Rolle aufgeht.
Zum anderen lebt Lilyhammer aber von der Komik der Stereotypen sowie den gesellschaftlichen und kulturellen Unterschieden. Schon bei seiner Ankunft in Norwegen, wird Frank auf sein vermeintlich arabisches Aussehen angesprochen und gefragt, ob er zum Asylheim wolle. Generell werden das Thema Migration und auch Norwegens teils schwieriges Verhältnis zum Islam immer mal wieder aufgegriffen. Franks konservativer Chauvinismus wiederum wird in der gleichgestellten norwegischen Gesellschaft regelmäßig auf die Probe gestellt, etwa als er im Krankenhaus auf eine männliche Hebamme und eine Oberärztin trifft.
Die Serie ist eine amerikanisch-norwegische Co-Produktion der staatlichen norwegischen Rundfunkanstalt NRK und des US-amerikanischen Video-on-Demand-Anbieters Netflix. Produziert wurden bereits drei Staffeln, wovon die erste momentan donnerstags bei ARTE ausgestrahlt und die dritte am 21. November auf Netflix zu sehen sein wird. Im Original wird sowohl Englisch als auch Norwegisch gesprochen, was der Komik deutlich zugute kommt und die kulturellen Unterschiede unterstreicht. Daher ist die Originalversion unbedingt, der auf ARTE gezeigten synchronisierten Fassung, vorzuziehen.
Notes:
- Der Name ist wohl eine Anspielung darauf, dass Antonio Samaranch bei der Bekanntgabe der Vergabe der Olympischen Spiele den Namen der norwegischen Stadt falsch aussprach: „The decision is Lilyhammer“. ↩