Cacel ist ein nachhaltiges Modelabel aus Dänemark. Die Designs werden dort erstellt, genäht wird allerdings von inhaftierten Frauen in Peru. Die Insassinnen produzieren Kleidung aus Alpaka-Wolle und werden dafür angemessen bezahlt. In jedes Kleidungsstück stickt die jeweilige Näherin außerdem ihren Namen, um so genaue Rückschlüsse über die Produktionskette zu geben. Veronica D’Souza, die Gründerin von Cacel, kam die Idee, nachdem sie ein kenianisches Frauengefängnis besucht hatte. Im Interview erzählt sie uns unter anderem Carcels Entstehungsgeschichte und von ambitionierten Zukunftsplänen.
English version of the interview below.
Wie ist die Idee zu Carcel entstanden? Was war die Inspiration?
Alles begann nachdem Veronica, CEO und Gründer von Carcel, ein Frauengefängnis in Kenia besuchte. Sie hat erlebt, wie die Frauen den ganzen Tag gearbeitet haben, aber mit minderwertigen Materialien und schlechtem Marktzugang. Die Idee wurde durch eine Frage definiert: Warum nicht diese Ressourcen besser nutzen? Warum nicht die Frauen ausbilden, ihnen bessere Arbeitsbedingungen, neue Fähigkeiten und gute Löhne geben?
Wie kam es zum Markennamen “Carcel”?
Cárcel bedeutet “Gefängnis” auf Spanisch. Als wir herausfanden, dass unsere erste Produktion in einem spanisch sprechenden Land stattfinden würde, war der Name absolut sinnvoll. Das Wort hat eine Bedeutung und gleichzeitig ist es cool und irgendwie sexy genug, um ein Markenname zu sein.
Wie schwierig war es, ein Projekt wie dieses in die Tat umzusetzen?
Mit einem Produktionsaufbau wie dem unseren mussten wir natürlich einige Herausforderungen bewältigen. Das Projekt wurde allerdings überall positiv aufgenommen, was es ziemlich vereinfacht hat, weiter zu machen und Herausforderungen zu bewältigen. Der Schlüssel ist das richtige Netzwerk zu finden und mit den richtigen Leuten zu sprechen. Unsere Produktion in Peru läuft jetzt reibungslos und wir freuen uns sehr, unsere Produktion um ein Frauengefängnis in Chang Mai, Thailand, zu erweitern, wo wir mit lokaler Seide arbeiten werden. Jedes Land hat andere Regeln und Systeme. Thailand fordert uns auf ganz andere Weise heraus als Peru, aber wir haben gelernt, neue Herausforderungen zu lieben.
Erzähl uns von eurem Hintergrund.
Veronica d’Souza hat einen Executive Degree in Social Entrepreneurship und war Co-Creator des Social Business Ruby Cup. Louise van Hauen, Creative Director, hat einen Master of Arts vom London College of Art und hat Erfahrung mit Modehäusern wie Louis Vuitton.
Auf der Website wird Carcel als “eine neue Ära der Mode” beschrieben, “in der jedes Produkt ein Problem löst, anstatt eines zu schaffen”. Kannst du das näher erklären?
Unser Geschäftsmodell fordert die konventionelle Modebranche heraus. Wir glauben an die Werte von Slow Fashion und dass verantwortungsvolle Produktion und Materialnutzung die Zukunft der Mode ist. Unsere Produkte werden nicht von traditionellen Modesaisons oder Trends bestimmt. Sie sind zeitlos und langlebig. Unsere Produktion bietet Frauen im Gefängnis neue Fähigkeiten und faire Löhne, und wir sind in der Lage, sehr transparent in dem zu sein, was wir tun — und sogar Verbindungen zwischen den Frauen, die die Kleidung machen, und denen, die unsere Stile tragen, zu schaffen. Das ist Teil einer neuen Ära in der Mode.
Warum denkst du, dass es wichtig ist, mit den Frauen im Gefängnis zu arbeiten?
Nachdem Veronica das Frauengefängnis in Nairobi besucht hatte, war uns klar, dass es große Möglichkeiten in der Zusammenarbeit von Frauen im Gefängnis gab — mit dem Ziel, den Kreislauf von Armut und Kriminalität zu durchbrechen. Wir glauben daran, dass Frauen durch das Erlernen neuer Fähigkeiten gestärkt werden und dadurch dass sie in der Lage sind, ihre Familie zu unterstützen, während sie inhaftiert sind. Wir beurteilen die Frauen nicht, sondern wollen sie nur stärken und bessere Chancen geben, wenn sie entlassen werden.
Wie haben die Frauen reagiert, als du das Projekt zum ersten Mal für sie vorgestellt hast?
Die Idee, im Gefängnis zu produzieren, ist nicht wegweisend, aber die Tatsache, gute Bedingungen und Löhne sicherzustellen, ist es. Die Frauen sind begeistert, ein Teil von Carcel zu sein, wir geben ihnen viel Verantwortung und sie sind sehr leidenschaftlich in ihrem Job. Und jedes unserer Stücke trägt den Namen der Frau, die es gefertigt hat, was die Anerkennung direkt an die Frauen weitergibt. Sie sind stolz, ein Teil hiervon zu sein und wissen, dass die von ihnen produzierten Stücke weltweit verkauft werden.
Hast du irgendwelche Erfolgsgeschichten von den Frauen, mit denen du gearbeitet hast?
Wir haben eine deutsche Designerin als Produktionsleiterin in Cusco eingestellt und sie geht jeden Tag ins Gefängnis. Wir sprechen täglich mit ihr und sie erzählt uns immer Geschichten von den Frauen. Eine der Geschichten, die wir mehr als einmal erlebt haben, ist, dass die Frauen ihren Lohn sparen, um Strickerin zu werden, wenn sie entlassen werden. Das ist gut für uns, weil wir ihnen dadurch die Chance und die Fähigkeiten für eine bessere Zukunft geben.
Was ist allgemeine Botschaft der Marke?
Dass es möglich ist, Mode auf eine ethische und verantwortungsvolle Art und Weise zu produzieren, und dass es möglich ist, Probleme zu lösen, anstatt sie zu schaffen.
Was ist dein Lieblingsstück in deiner Sammlung und warum?
Unser wichtigstes Stück ist unser Milano-Pullover. Seit unserer Kickstarter-Kampagne im Oktober 2016 ist er fester Bestandteil. Der Milano-Pullover wird auf einer großen industriellen Handstrickmaschine hergestellt. Die Milano-Technik macht die doppelseitige Textur dicht und sehr langlebig. Der Milano-Pullover ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie talentiert die Frauen geworden sind. Sie können jetzt 2–3 Pullover pro Tag machen. Wir sind gerade dabei, das Milano-Outfit wegen der hohen Nachfrage für die Hose neu zu starten. Das Milanon-Outfit erscheint Ende Februar und ist ein echtes Carcel-Statement von hoher Qualität, mühelos und cool.
Wo können wir Carcel-Mode kaufen?
Wir verkaufen über unseren eigenen Online-Shop, weil es für uns wichtig ist, dass die ganze Geschichte unseren Produkten folgt. Abgesehen von Online, machen wir eine begrenzte Pop-Up-Kollaboration, bisher nur in Dänemark, aber wir haben spannende Pläne für internationale Pop-Ups. Das ist eine gute Möglichkeit, unsere Produkte zu zeigen, unsere Geschichte zu erzählen und unsere Kunden zu treffen.
Was sind die Zukunftspläne von Carcel?
Unser Ziel ist es, in den nächsten fünf Jahren in fünf verschiedenen Ländern Produktion aufzubauen. Diese basieren auf den gleichen Werten und Kriterien wie Peru: Dorthin zu gehen, wo wir die größte soziale Wirkung erzielen und mit natürlichen und lokal gewonnenen Materialien arbeiten können.
Vielen Dank!
Info:
Webseite: carcel.co
Facebook: facebook.com/carcelclothing/
Instagram: instagram.com/carcelclothing/
English version of the interview
How did the idea for Carcel first come about? What was the inspiration?
It all started after Veronica, CEO and Founder of Carcel, visited a women’s prison in Kenya. She experienced how the women were working all day but with low-quality materials and poor market access. The idea was defined by one question: why not use this resource better? Why not train the women, give them better work conditions, new skills and better wages?
How did the name come into being?
Cárcel means prison in Spanish. When we found out that our first production was going to be in a spanish speaking country, it made perfect sense. The word has a meaning and at the same time, it is cool and somehow sexy enough to be a brand name.
How difficult was it to set up a project like this?
With at production set-up like ours, we’ve of course met some challenges during the process. But we have only met good will towards our project which has made it fairly easy to continue and overcome the challenges. The key is to find the right network and to speak to the right people. Our production in Peru is running now smoothly and we are very excited to expand our production to a women’s prison in Chang Mai, Thailand, where we will work with local silk. Each country has different rules and systems. Thailand challenges us in very different ways than Peru, but we’ve learned to love new challenges.
Tell us about your background.
Veronica d’Souza has a Executive Degree in Social Entrepreneurship and has been co-creator of the social business Ruby Cup. Louise van Hauen, Creative Director, has a MA from London College of Art and has experience with fashion houses like Louis Vuitton.
On your website Carcel is described as “a new era of fashion, where each product solves a problem instead of creating one”. Can you explain how?
Our business model is challenging the conventional fashion industry. We believe in the values of slow fashion and that responsible production and material-use is the future of fashion. Our products are not dictated by traditional fashion seasons or trends. They are timeless and long lasting. Our production provides new skills and fair wages to women in prison, and we are able to be very transparent in what we do — and even create relations between the women who makes the clothes and the ones who wears our styles. This is a part of a new era in fashion.
Why do you think it’s important to work with the women in prison?
After Veronica visit the women’s prison in Nairobi, it was clear to us that there was a huge opportunity in working with women in prison — with the goal of breaking the cycle of poverty and crime. We believe in empower women through new skills and that fact of them being able to support their family while being incarcerated. We do not judge the women, we only what to empower them and give better chances when they are released.
How did the women react when you first introduced your project for them?
The fact of producing in prison are not pioneering, however the fact of ensuring good conditions and wages is. The women are very excited to be a part of Carcel, we give them a lot of responsibility and they are very passionate about their job. And each of our styles carry the name of the women who made it, which gives credibility directly to the women. They are proud to be a part of this and know that the styles they produced are sold globally.
Do you have any success stories from the women you’ve worked with?
We have a German designer hired as our local production manager in Cusco and she goes to prison everyday. We talk to her on a daily basis and she is always telling us stories from the women. One of the stories, that we have experienced more than once, is that the women save up for them to become a knitter when they are released. This is great for us, cause it means that we actually give them the opportunity and skills for a better future.
What’s the overall message of the brand?
The overall message is that it is possible to produce fashion in an ethical and responsible way, and that it is possible to solved problems instead of creating them.
What is your favourite piece in your collection and why?
Our key style is our Milano sweater. It has been with us since we ran the Kickstarter Campaign in October 2016. The milano sweater is made on a larger industrial hand knitting machine. The milano technique makes the double sided texture, dense and very durable. The Milano sweater is a very good example of how talented the women has become. They can make 2–3 sweaters a day now. We are about to re-launch the Milano Outfit because of a high demand for the trousers. The Milanon outfit launches end of February and is a true Carcel statement of high quality, effortless and cool.
Where can we buy your clothes?
We sell through our own online store because it is important for us that we ensure the full story follows our products. Beside from online, we do some limited pop-up collaboration, so far in Denmark, but we have exciting plans in the pipeline for international pop-ups. This is a good way to show and tell about our products and meet our customers.
What are your future plans?
Our goal is to have set-up production in five different countries within the next five years. These will be based on the same set of values and criteria as Peru: go where we can make the greatest social impact and work with natural and locally-sourced materials.