von Roland Dathe
Als die schwedische Okkult-Band Ghost im Jahr 2010 ihr Debütalbum “Opus Eponymous” herausbrachten, sorgten sie vor allem in der Metalszene ordentlich für Furore. Und das, obwohl sie eigentlich gar keine wirklich harte Musik machen, sondern ziemlich melodischen Rock. Einen maßgeblichen Teil trägt dazu ihre einzigartige Inszenierung bei.
Die Band tritt als eine Versammlung untoter Geistlicher auf, der als “Papa Emeritus III.”* (emiriterter Papst) auftretende Sänger stellt dabei das klerikale Oberhaupt der ansonsten nur als “namenlose Ghule” bekannten restlichen Bandmitglieder dar.
Im August 2015 brachten Ghost mit “Meliora” nun ihr drittes Studioalbum heraus. Weiterhin ist die Musik der Schweden aus Linköping alles andere als typischer Metal und findet klanglich auch viele andere Anhänger. Ghost sind eine dieser Bands, deren Lieder so richtig erst beim wiederholten Male zünden und auch “Meliora” macht hier keine Ausnahme; ohne Zweifel eine Scheibe, der man immer mal wieder eine Umdrehung gönnen sollte.
Warum aber wird diese Band von so vielen Metallern gehört und sollte euch das abschrecken? Dazu gibt es mehrere Antworten: Erstens wird das okkulte Ambiente der Band großartig inszeniert und durch chorale Hintergrundgesänge und entsprechend satanische Texte (allerdings bei weitem nicht mehr so offensichtlich wie noch im ersten Album) bestens untermalt, zweitens sind Ghost auch einfach gut. Und damit kommen wir zur zweiten Frage mit der eindeutigen Empfehlung, euch vom ungewohnten Aussehen nicht abschrecken zu lassen und den armen Ghulen eine Chance zu geben. Denn natürlich sind da die okkulten Klänge, andererseits klingen Ghost nicht aggressiv. Es gibt kein Grölen, das ja vielen Szenefremden oft so negativ aufstößt, sondern eine angenehme, zurückhaltende und — ja, man muss es passenderweise sagen — durchaus etwas predigende Stimme. Nur, dass dieser Prediger halt ein Untoter ist, aber hey — Untote sind auch nur Menschen.
Die Keyboards bieten eher psychedelische Töne, die Gitarren sind tief und verbinden alles zwischen frühem 70er Rock, Doom Metal und Stoner Rock, ansonsten klingen die Schweden durchaus auch poppig. Dennoch bieten sie komplexe Lieder, die nicht immer einem gängigen Strophe-Refrain-Thema folgen, sondern sich immerfort entwickeln. Auch hier gilt: Erst bei mehrmaligem Hören entfalten die Werke ihre ganze Komplexität und Raffinesse.
Einzelne Songs herauszuheben fällt schwer und bietet sich auch nur bedingt an: Zum einen gibt es da den, zwar erst seit drei Alben vorhandenen, aber dennoch zweifelsohne bestehenden, typischen Ghost-Sound, den man bei jedem Lied sofort zuweisen kann. Andererseits möchten die Werke samt ihrer ausführlichen In- und Outros als Gesamtes betrachtet werden, keineswegs bietet die Band nur eine wahllos aneinander gereihte Verkettung von Songs. In diesem Sinne führen Ghost konsequent und in ihrem typischen Stil fort, womit sie angefangen haben. “Meliora” bietet nichts grundlegend Neues, aber es ist definitiv ein weiteres gutes Album von Ghost.
In Schweden ist übrigens “Meliora” nach Veröffentlichung direkt auf Platz 1 der Charts geklettert.
*Zwar kennt man nicht offiziell die echten Namen der Sänger, aber es gab am Mikrofon bereits den zweiten Wechsel. Somit liest bereits der dritte Papa Emeritus die Messe.
Hier schonmal ein Lied vom neuen Album: