Am letzten Märzwochenende feierte das schwedische Label Gaphals (zu Deutsch Schreihals oder Großmaul) in Linköping mit einem zweitägigen Rockfestival sein fünfjähriges Bestehen. Unter den gut 20 angekündigten Acts, allesamt aus Schweden und überwiegend aus der Region Östergötland, gaben sich mit Märvel und Satan Takes A Holiday auch zwei meiner Lieblingsbands die Ehre. Und da das letzte Livevergnügen mit diesen beiden schon viel zu lang zurücklag und Schweden ohnehin immer eine Reise wert ist, hieß es Sachen packen und ab nach Linköping zur großen Geburtstagssause.
Hinter Gaphals stecken Patrik und Kaj aus Linköping, die sich vor fünf Jahren entschieden, beruflich neue Wege zu gehen und innerhalb des Kulturbetriebes etwas zu machen, das ihnen schlichtweg Spaß macht. „Gaphals ist eigentlich zwei Sachen – ein Plattenlabel und ein Verein, der Konzerte organisiert. Dieses Fest ist also eine Kombination unserer Aktivitäten – einige unserer Bands feiern die Veröffentlichungen neuer Platten [Night und Nocturnalia], wir feiern unseren fünften Geburtstag und organisieren ein Festival! Alles zusammen also“, erzählten mir Patrik und Kaj bei einem kurzen Interview am Samstagnachmittag.
Die Idee zu Gaphals entstand aus dem Wunsch etwas neues zu machen, etwas dem keine Grenzen gesetzt sind und das sich in verschiedene Richtungen entwickeln kann. „Wir haben beide einen Hintergrund in der Punk- und DIY-Szene, die sich zwar selbst als sehr frei ansieht, aber sich eben doch oft selbst beschränkt und sich in sehr eng gesteckten Grenzen bewegt. Ein großes Ziel war daher, mit Gewohnheiten zu brechen. Natürlich haben sich jetzt trotzdem bestimmte Aspekte herauskristallisiert, mit denen wir arbeiten, aber wir haben die Freiheit zu machen, was wir wollen und treffen unsere Entscheidungen mit dem Herzen“, erklärte Kaj die Anfänge und Intention von Gaphals. „Wir machen was wir wollen, solange es uns Spaß macht“, stimmte Patrik zu, „und wenn wir uns bei einem Projekt einig sind, dann machen wir das“.
Die zwei arbeiten mit Gaphals neben ihren regulären Jobs. Das bringt mit sich, dass sie das Label als eine Herzensangelegenheit betreiben, und nicht aus ökonomischen Gründen. „Ja, manchmal starten wir eben auch idiotische Projekte, bei denen wir wissen, dass sie ökonomisch schief laufen werden, die aber einfach unglaublich viel Spaß machen!“ Generell arbeiten die beiden nur mit Bands, die sie auch tatsächlich mögen. „Wir gehen eigentlich immer von unserem persönlichen Geschmack aus. Wir haben noch nie ein Projekt gemacht, das wir nicht gut fanden.“
Und ähnlich verhielt es sich auch mit dem Festival: „Wir haben alles ausgewählt und wir haben alle Bands eingeladen. Bands, die wir gut finden und von den wir denken, dass Leute sie mögen werden.“ „Heavy Tiger zum Beispiel sind live einfach fantastisch, in ihren besten Momenten klingen sie wirklich wie KISS“, schwärmte Kaj von der Frauenband aus Stockholm.
Heavy Tiger brachten letztes Jahr ihr Debüt „Saigon Kiss“ heraus, welches durchaus Anklang fand, aber nicht völlig überzeugte. Dennoch weckten die drei hohe Erwartungen, nicht zuletzt durch ihr äußerst selbstbewusstes Auftreten. Und tatsächlich muss ich Kaj zustimmen – die drei sind live wirklich fantastisch! Am Freitagabend betraten sie energiegeladen und in ihre knallroten Outfits gewandet die Bühne, versprühten puren Rock’n’Roll und überzeugten mit ihrer offensichtlichen Freude daran, vor Publikum zu spielen. Die Songs, die im Studio eingesungen ganz gut klangen, waren live absolute Knaller, mit denen Heavy Tiger das Publikum wirklich umhauten.
Insgesamt war der Auftakt am Freitag gelungen: Die Location war gut besucht und Patrik und Kaj haben mit ihrer Bandauswahl offensichtlich nicht nur ihren eigenen, sondern auch den Geschmack der Festivalbesucher getroffen. Für viele war das Highlight des Abends vermutlich der Auftritt des Headliners Bullet. Die fünf Metaller spielten ein ausgedehntes Set, mit dem sie offenbar den Erwartungen ihrer Fans vollends gerecht wurden.
Ich persönlich freute mich aber noch mehr auf den Samstag, denn dann sollten zwei meiner Lieblingsbands aus Schweden spielen – Satan Takes A Holiday aus Stockholm und die Lokalmatadore Märvel. Vor ihrem Auftritt nahmen diese sich noch die Zeit für ein kurzes Gespräch. Dabei zeigten sie ihre Begeisterung für godis und dafür, bei dem Festival dabei zu sein: „Ich habe Gaphals schon immer für das was sie machen gemocht und es ist echt toll, dass wir mit ihnen ihren fünften Geburtstag feiern dürfen!“, so Bassist Ulrik, the Burgher.
Außerdem verrieten die drei, dass sie gerade an einer EP arbeiten, die sie mit Fred Estby in den Gutterview Recorders eingespielt haben. „Wir waren mit Dregen im Herbst/Winter 2013 auf Tour und da war Fred der Soundtechniker. Natürlich haben wir ihn schon vorher gekannt und was er alles so gemacht hat“, da war es fast selbstverständlich, dass es auch zu einer gemeinsamen Arbeit im Studio kommt. „Wir teilen eine grundsätzliche Auffassung davon, was gute Musik ist. Es hat Spaß gemacht und war sehr einfach mit ihm zuarbeiten“, erklärte Sänger John, the King. Einen Vorgeschmack auf die EP in Form einer Single soll es wahrscheinlich schon vor dem Sommer geben und die EP selbst soll dann nach dem Sommer erscheinen.
Später am Abend war es erst einmal an Satan Takes A Holiday die Bühne einzunehmen. Das Trio aus Stockholm hatte letzten Herbst ihr drittes Album „Animal Man Woman“ herausgebracht, wovon sie auch einige Songs zum Besten gaben. Zudem stellten Fred (Gitarre und Gesang) und Johannes (Bass) ihren neuen Drummer Danne McKenzie (ehemals bei Mustasch) vor.
Die Band wirkte bereits bestens eingespielt und das Set war eine perfekte Mischung alter und neuer Songs, die live sogar noch besser klangen. Die Melodien stiegen zu Kopf und die Rhythmen in die Beine. Das Ziel, ihre Zuhörer zum Tanzen zu bringen haben Satan Takes A Holiday auf jeden Fall erreicht. Nach dem Konzert bekräftigte die Band auch noch einmal, dass sie vorhabe für Konzerte nach Deutschland zu kommen – was mich natürlich besonders freuen würde.
Der krönende Abschluss des Festivals war für mich Märvels Auftritt. Auf das Trio wurde ich erst letztes Jahr im Zusammenhang mit dem Release ihres vierten Studioalbums „Hadal Zone Express“ und zwei fantastischen Konzerten in Berlin aufmerksam. They had me at hello, könnte man sagen. Umso mehr freute ich mich nun die maskierten Barone des High Energy Rock’n’Roll endlich wieder live zu sehen.
Mit einer Setlist, die Songs ihrer vier Alben und sogar eines der neuen Lieder beinhaltete, brachten sie das Publikum zum Tanzen und enthusiastischem Mitgröhlen. Märvel bewiesen, dass sie nicht nur wunderbare Songs schreiben, sondern auch eine tolle und noch dazu unterhaltsame Liveband sind, der man außerdem ansah, dass sie selbst viel Spaß auf der Bühne hat. Märvels Auftritt war ein fulminantes Finale für Gaphals’ Fünfjahresfeier.
Kurz nach dem Ende des Konzerts gingen leider auch schon die Lichter an. Damit ging auch ein tolles Wochenende in einer schönen Stadt, mit großartiger Musik und vielen netten Leuten zu Ende. Mit dem Festival sind die Geburtstagsfeierlichkeiten allerdings noch nicht erledigt. Gaphals behalten sich das gesamte Jahr zum feiern vor – das Festival war lediglich „Teil 1“.
Vielen Dank an / Stort tack till Gaphals, Papa Bear & Märvel!
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