Dublin ist für gewöhnlich nicht der erste Ort, der einem im Zusammenhang mit den Wikingern einfallen würde. Aber auch hier hinterließen die Nordmänner einen bis heute bleibenden Eindruck in der Stadtgeschichte.
Es war der 23. April 1014 — vor 1000 Jahren also — als sich in Clontarf der bis dahin mächtigste irische König Brian Boru und die Wikinger des Königreiches Dublin sowie deren irische Alliierten gegenüberstanden. Die Schlacht war eigentlich schon vorüber. Brian Boru hatte die Wikinger vernichtend geschlagen und das, obwohl er den ganzen Tag betend im Wald gesessen hatte, denn die Schlacht fand an einem Karfreitag statt. Er saß immer noch dort im Wald, nur umgeben von einem Schildwall seiner engsten Gefolgsleute, als die fliehenden Wikinger dort vorbeikamen. Auch Brodir, der Anführer eines Wikingerkontingents von der Isle of Man, kam an dem Wald mit dem betenden König vorbei. Er unterbrach seine Flucht, durchbrach den Schildwall und erschlug den König. So wurde der bekannteste irische König, Brian Boru, vor 1000 Jahren durch die Hand eines Wikingers getötet. Brodir wurde gefangen genommen und grausam bestraft. Irland, das bis dahin zu weiten Teilen unter Brian Boru beherrscht wurde, zerfiel wieder in rivalisierende Teilkönigreiche.
Gründung eines Königreichs
Bereits 841 gründeten die Wikinger an einem Platz, den die Iren Dubh-Linn nannten, was “Schwarzer Tümpel” bedeutet, eine Siedlung. Aus ihr ging das heutige Dublin hervor. Auch wenn die irischen Annalen von vielen Überfällen auf Klöster und Siedlungen berichten, die besonders in den ersten fünfzig Jahren nach dem ersten Angriff zunahmen, wird heute davon ausgegangen, dass die Wikinger nicht primär auf Plünderungen aus waren. Vielmehr suchten sie neues Land zum Besiedeln und Klosterplünderungen waren “eher ein lukratives Nebengeschäft”, wie der Autor Magnus Magnusson in seinem Buch “Wikinger” schreibt. Dublin machten sie zu einem wichtigen Wikingerhandelsplatz und veränderten so auch die auf Vieh- und Weidewirtschaft basierende irische Landwirtschaft.
Um 850 landen dänische Wikinger in Irland, sie eroberten ein Jahr später die norwegische Festung in Dublin. Die Norweger Olaf und Ivar (oft als Olaf der Weiße und Ivar der Knochenlose beschrieben) eroberten diese jedoch schon 853 zurück. Olaf regierte für einige Zeit in Irland und kehrte dann nach Norwegen zurück, während Ivar als Stadthalter in Irland blieb. Olaf kehrte noch einmal nach Irland zurück, fiel dann aber in Norwegen in einer Schlacht. Ivar wurde daraufhin “König aller Skandinavier in Irland und Nordwest-England”, wie Rudolf Simek in “Die Wikinger” schreibt. Das Gebiet umfasste alle Teile, die damals dem Königreich Dublin zugerechnet wurden, vermutlich war auch die Isle of Man darunter. Der nächste Eroberer von Dublin war der irische König von Leinster, der von den ständigen Streitigkeiten zwischen Dänen und Norwegern in dem Gebiet profitierte. Olaf Sigtryggson konnte schließlich von 850–880 eine stabile Herrschaft etablieren, danach verlor das Königreich Dublin seine Unabhängigkeit in der Schlacht von Tara an den König von Meath.
In der oben beschriebenen Schlacht von Clontarf hatten sich die Wikinger schon mit den Iren verbündet. Auf beiden Seiten des Schlachtfeldes standen Wikinger an der Seite ihrer irischen Alliierten, in größerer Anzahl jedoch auf Seiten des Wikingerkönigs Sygtrygg Seidenbart (dem Sohn von Olaf Sygtryggson) und seinem Verbündeten, dem König von Leinster, die gegen den Hochkönig Brian Boru angetreten waren.
Timeline — Die Wikinger in Irland
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Spurensuch in der Stadt
In Dublin selbst wurden in den 1960er und 1970er Jahren größere Funde aus der Zeit der Wikinger entdeckt. Besonders im Gebiet um die Christ Church Cathedral, mitten im ehemaligen mittelalterlichen Stadtgebiet, Wood Quay genannt, stieß man auf viele archäologisch wertvolle Überreste. Diese gaben Einblicke in den Handel, das Handwerk und das Leben der ehemaligen Bewohner. Ab 1974 konnten in Wood Quay archäologische Grabungen unternommen werden, doch auf dem Areal der gerade erst zum nationalen Geschichtsdenkmal erklärten Wikingerstadt sollten städtische Gebäude errichtet werden. Die Bürger versuchten, die Bebauung mit einer Unterschriftenaktion zu stoppen und 1978 demonstrierten ca. 20 000 Iren für den Erhalt von Wood Quay. Doch der Oberste Gerichtshof entschied 1979, dass der Bau der Gebäude fortgesetzt werden dürfe. Archäologen erhielten aber vorher Zugang zu dem Gelände für Ausgrabungen und zur Dokumentation.
Auch wenn im heutigen Stadtbild selbst nicht mehr viel auf die Wikinger hinweist, kann man ihnen in der Stadt auf die Spur kommen. So wurde beispielsweise die Christ Church Cathedral 1038 von Wikingern als hölzerne Kirche errichtet, allerdings 1240 durch eine Steinkirche ersetzt. Heute stammt nur noch die Wahl des Standortes aus der Zeit der Wikinger. Es gibt aber mit Dublinia ein Museum, das sich ausschließlich mit der Wikingerzeit und dem Mittelalter in Dublin beschäftigt und auch im National Museum of Ireland gibt es eine Ausstellung zu den Wikingern. In diesem Jahr wurden anlässlich des tausendjährigen Jubiläums zudem Ausstellungen zur Schlacht in Clontarf eröffnet: Im Trinity College die Ausstellung “Emporer of the Irish Brian Boru and the Battle of Clontarf” und im National Museum of Ireland “Clontarf 1014: Brian Boru and the Battle for Dublin”.
Für alle, die in nächster Zeit nicht nach Dublin kommen, hat im Berliner Martin Gropius Bau vor kurzem eine Wikingerausstellung eröffnet.
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