von Hendrik Brase
Bereits im Jahr 2016 hatte unser Gastautor Hendrik Brase an dem Wanderevent “Fjällräven Classic” in Nordschweden teilgenommen und auch 2017 war er wieder dabei. Die auf ungefähr 5 Tage angelegte Wanderung führt 110 km durch das Fjäll in Lappland mit Abschnitten auf dem Fernwanderweg Kungsleden, von Nikkaluokta am Kebnakaise vorbei bis zum Ziel in Abisko. Die meiste Zeit wandert man auf Pfaden und Stiegen und ein echtes Zeitlimit gibt es eigentlich nicht, denn das Erleben steht im Vordergrund. Entlang des Kungsleden befinden sich in unterschiedlichen Abständen mehrere Fjällstationen, die Wanderen Proviant verkaufen und Übernachtungsmöglichkeiten anbieten. Während des Fjällräven Classic fungierten diese als die sechs Check-Points, an denen die Teilnehmer ihre Stempel bekommen. Hendrik Brase hat seine Erlebnisse von der Wanderung für uns aufgeschrieben. Hier folgt sein Bericht.
10. August 2017
Heute Abend bin ich unter Begleitung eines herrlichen Sonnenuntergangs von Hamburg
nach Stockholm geflogen, wo ich noch eine Nacht verbracht habe.
11. August 2017
Heute ging der Weiterflug von Stockholm nach Kiruna und dabei fielen die vielen Wanderrucksäcke auf dem Gepäckband sofort auf. Gleich nach der Ankunft am Flughafen ging es mit dem Bus zur Högalidskolan, wo sich der offizielle Check-In für die Hiking-Tour befand und jeder Teilnehmer nach Vorlage seiner Startunterlagen seinen Wanderpass, Verpflegung (gefriergetrocknete Fertignahrung und Polarbröd) und eine Gaskartusche ausgehändigt bekam. Den Wanderpass gab es in Schwedisch, Englisch und Deutsch und er muss beim Startpunkt sowie an jedem weiteren Checkpoint vorgelegt werden. Darüber hinaus gab es Snacks, Kaffee und Tee und man hatte die Möglichkeit Souvenirs und ggf. fehlende Ausrüstungsgegenstände zu kaufen. Nachdem ich alles erledigt hatte, wurde mein Zelt beim letzten Stopp vor der Tour, dem Camp Ripan das erste Mal aufgebaut. Endlich entwich meine Anspannung, gleichzeitig entwickelte sich eine gewisse Vorfreude für den morgigen Beginn.
12. August 2017
Nach einer recht kurzen Nacht (die erste Startgruppe ist bereits um 6:30 Uhr zum Startpunkt
gefahren), gab es zum Frühstück Müsli. Um 10:30 Uhr ging es für mich mit dem Bus zum Städtchen Nikkaluokta, wo der jedes Jahr der Startpunkt des Fjällräven Classic ist. Beim Warten auf den Bus hat es richtig geschüttet, sodass wir ein wenig durchnässt in den Bus gestiegen sind. Die insgesamt ca. 2.000 Teilnehmer starten in acht Startgruppen mit jeweils ca. 250 Teilnehmern über drei Tage verteilt, um das Startfeld soweit wie möglich zu entzerren. Während der Fahrt hatte sich zu meiner Freude der Regen verzogen und es wurde immer sonniger.
Nikkaluokta besteht aus einem Restaurant mit Informationszentrum. Dort treffen drei Täler aufeinander und der Ort ist seit langem die Pforte zum Kebnekkaise-Massiv. Der Kebnekaise hat einen südlichen und einen nördlichen Gipfel und ist mit 2099 m der höchste Berg Schwedens. Zwei Zelte zum Check-In standen für die Teilnehmer bereit. Das Warten bis zu meinem Start um 13:00 Uhr verging durch Untermalung von Musik und einiger Infos wie im Fluge. Mit einem Samenjoik und einem herzlichen „god tur“ wurden wir alle auf die 110 km lange Hiking-Tour geschickt.
Anfangs war es auf dem Weg noch recht voll, aber nach relativ kurzer Zeit entspannte sich das Teilnehmerfeld. Nach ca. 6 km durch einen Birkenwald, einige Mooren, die über Stege und Holzbohlen zu überqueren waren, und einer Brücke, habe ich bei dem See Ladtjojaure eine erste längere Pause eingelegt und Fika gemacht. Fika hat in Schweden einen sehr hohen gesellschaftlichen Stellenwert, sozusagen eine Kaffeepause mit Kaffee, Kekse und Gebäck.
Der weitere Weg verlief zunächst entlang des Sees. Später kreuzten ein paar Bäche den Weg und ich wanderte relativ entspannt durch Wälder und über Holzbohlen. Auf den letzten Kilometern vor der Kebnekaise Fjällstation sah ich schon einige Zelte. Mein erstes Etappenziel und den Checkpoint Kebnekaise erreichte ich nach ca. 5 Stunden. Am Fjällräven-Zelt gab es den ersten richtigen Stempel im Wanderpass. Nach einer Pause und Versorgung mit Wasser, bin ich noch ca. 3 km weiter gewandert.
13. August 2017
Wie schon im vergangenen Jahr stand für mich heute die „Königsetappe“ auf dem Programm. Für den zweiten Tag hatte ich geplant über den dritten Checkpoint in Sälka hinaus in Richtung des Tjäktja Pass zu wandern, dem höchsten Punkt des Kungsleden. Nach einer ganz hervorragend Nacht, hat beim Öffnen des Zeltes die Sonne geschienen. Super tolles Wetter!, so kann es weiter gehen….
Zunächst ging der Weg in Richtung des zweiten Checkpoints in Singi. Dieser wurde von massiven Berghängen gesäumt, Bäume fanden sich gar nicht mehr und überall lagen Steine. Gegen Mittag erreichte ich die Singistugorna und damit den zweiten Checkpoint, wo es zur Überraschung der Teilnehmer Wraps gefüllt mit Kartoffelpüree, Rentierfleisch und Preiselbeeren gab.
Weiter ging es bei immer noch herrlichsten Wanderwetter in nördlicher Richtung. Dabei konnte man auf dem Kungsleden recht gut wandern. Insbesondere die Ruhe, nur unterbrochen von dem Plätschern der Bäche, war recht entspannend. Um ca. 17:30 Uhr erreichte ich den dritten Checkpoint des Fjällräven Classic in Sälka, eine auf dem nördlichen Abschnitt des Kungsleden gelegenen Schutzhütte.
Dort bestand die Möglichkeit seine Essensvorräte aufzufüllen, die mit Holz beheizte Sauna zu besuchen, eine längere Pause einzulegen oder sein Nachtlager aufzuschlagen. Ich beschloss, noch ein paar Kilometer zu wandern, denn das Wetter war weiterhin traumhaft. Am Ende des Tages hatte ich bestimmt mehr als 30 km zurückgelegt.
14. August 2017
In der Nacht hatte es angefangen zu regnen und es wurde zum Teil recht stürmisch. Aber
meinem Akto (Hilleberg-Zelt) machte das Wetter nichts aus. Am Morgen regnete und stürmte es immer noch. Ich war froh, dass ich gestern doch noch ein paar Kilometer mehr als zunächst vorgenommen gewandert war.
Anschließend ging es bergauf. Nach ungefähr einer Stunde hatte ich den Tjäktja Pass erreicht, der mit 1140 m über Null der höchste Punkt der Tour und des Kungsleden ist. Nach einem Kurz-
Stopp ging es durch Schneefelder und spitze Geröllmassen bergab. Dabei empfand ich die vielen, vielen Steine überall als Mondlandschaft. Zum Glück konnte man einen Teil des Weges auf bequemeren Holzbohlen balancieren.
Den weiteren Weg fand ich auf nördlicher Seite recht anstrengend und ich war froh, als ich die Tjäktjastuga rechts des Weges entdeckte. Von dort waren es nur noch ca. 1,5 km bis zum nächsten Fjällräven Classic Checkpoint, den ich gegen 11:00 Uhr erreichte. Dort war es recht kühl und unangenehm. Um so größer war die Freude, dass es Kaffee/Tee und ein Stück Schokoladenkuchen für die Teilnehmer gab. Nach einem kurzen Stopp zog ich allerdings – aufgrund des Wetters – relativ schnell in Richtung Alesjaure weiter. Der Weg ging über Grasheiden, auf Holzbohlen und entlang von Bächen abwärts.
Das Wetter wurde wieder besser und es gab nur noch vereinzelt kurze Schauer. Nach ca. 3 Stunden hatte ich bereits die auf einer Anhöhe gelegenen Alesjaurestugorna erreicht, die schon von weitem sichtbar waren. Bei den Alesjaurestugorna bestand erneut die Möglichkeit seinen Proviant aufzufüllen und ich habe dort, passend zur Tageszeit, fika mit Kaffee und kanelbullar (Zimtschnecken) gemacht.
Aufgrund der frühen Ankunft bin ich nach circa 1 Stunde weiter in Richtung Kieron gelaufen. Der Weg entlang des Sees war im Gegensatz zum Beginn des Tages recht flach und leicht zu wandern. Zum Teil ging es ganz entspannt entlang des Sees und ich genoss den Anblick der Natur und die Ruhe. Gegen 18:00 Uhr habe ich einen sehr schönen Zeltplatz mit einem kleinen Wasserlauf für mich entdeckt, sodass der lange Wandertag damit beendet war.
15. August 2017
Am Morgen war ich noch unentschlossen, ob ich bis zum Ziel nach Abisko wandere und einen „Ruhetag“ damit gewinne oder ob ich die Nacht bei der Abiskojaure verbringen sollte. Ich entschied, weiter zu laufen und kam relativ schnell zu dem Bergmassiv des Kieron (samisch für Rebhuhn). Zur Mittagszeit war ich bereits beim nächsten Checkpoint, wo ich, sozusagen als Belohnung, bei schönstem Wetter leckere Pancakes gegessen habe.
Da es doch noch so früh war, fasste ich den Beschluss heute bis nach Abisko zu laufen. Nach 1 km erreichte ich den 77 km² großen Nationalpark Abisko. Dort darf man nur an vorgegebenen Plätzen sein Zelt aufschlagen, zum Beispiel bei der Abiskojaure Fjällstuga oder am Nissanjåkka südlich von Absiko. Im Park waren die Wege in einem guten Zustand und das Wandern machte trotz des Gepäcks auf dem Rücken sehr viel Spaß. Die Zeit verging wie im Fluge.
Bald sah ich die erste Countdown-Markierung, die die letzten 6,5 km anzeigte. Damit war das Ziel nicht mehr weit und meine Vorfreude auf den „Ruhetag“ groß. Auf den letzten Kilometern hatte man einen imposanten Ausblick auf die Schlucht und den Fluss Abiskojakka. Dann sah ich endlich die Eisenbahnbrücke und erreiche das Holzportal, das den Beginn des Kungsleden und das Ende des Fjällräven Classics bekundete.
Die letzten Meter waren pure Vorfreude auf den Empfang der anderen im Ziel, die bereits im Wanererpub „Trekkers Inn“ saßen. Nach 76 Stunden und 33 Minuten (ca. 19 Stunden weniger als 2016) hatte ich das Ziel ohne körperliche Blessuren erreicht. Am Ziel bekam ich meinen letzten Stempel sowie eine Medaille und einen Aufnäher, der die Häufigkeit der Teilnahme bezeugt.
Weitere Neuankömmlinge wurden mit Applaus begrüßt. Ich hingegen gönnte mir als erstes
ein kühles Getränk und einen Rentierburger.
Info
Webseite zum Fjällräven Classic: classic.fjallraven.com
Daten 2018: 17. — 24. August; in Schweden
Länge: 110 km
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