Eine Antwort auf die neuen Bedingungen im Kulturjournalismus
Der Zeitungsbranche geht es bekanntlich schlecht: Die Auflagen, die Anzeigeneinnahmen und die Redaktionen schrumpfen. Wenn auch noch nicht in gleichem Maße wie in Deutschland, werden auch in Schweden die Redaktionen verkleinert, Aufträge zunehmend an Freelancer vergeben und die Budgets allgemein gekürzt. Besonders schwer trifft es die Kulturredaktionen.
Auch die Digitalisierung und dass fast alles unbegrenzt online zur Verfügung steht, stellt die Zeitungsbranche vor Herausforderungen. Auf der anderen Seite bieten die sozialen Medien neue Möglichkeiten der Interaktion mit den Lesern, eine größere Verbreitung und eine größere Leserschaft als jemals zuvor. Außerdem wird das Lesen durch Anbieter wie Readmill.com mehr und mehr zu einer sozialen Aktivität, die man mit anderen teilt.
Die Kulturredaktion der Uppsala Nya Tidning versucht sich mit innovativen Ideen den Herausforderung zu stellen und die Vorteile der sozialen Medien zu nutzen. Vor einigen Monaten startete die Zeitung ein E‑Buch-Projekt, das es den Lesern erlauben soll, Neuerscheinungen gemeinsam mit den Kritikern zu lesen. Anstelle der üblichen Rezension, werden UNT-Lesern die rezensierten Bücher als E‑Book mit den Anmerkungen des Kritikers als Download für zwei Wochen zur Verfügung gestellt.
Die Kritikerin Therese Eriksson beschreibt was das Projekt für sie mit sich brachte: „Anmerkungen in einem Buch zumachen, ist für mich eine spontane unreflektierte Antwort in einem Dialog zwischen mir und dem Text. Und diese unmittelbaren, intuitiven Reaktionen geben auch etwas über mich selbst preis“. Von dem Projekt erhofft sich die Kulturchefin der UNT Lisa Irenius, das Interesse an Literatur zu stärken und die Leser an der Tätigkeit der Literaturkritiker teilhaben zu lassen.
Mit Merethe Lindströms „Dagar i tystnadens historia“ startete das Projekt im Dezember (noch immer kann das erste Kapitel heruntergeladen werden). Im Mai ging die UNT mit der Einbeziehung der Leser noch einen Schritt weiter. Joyce Carol Oates’ „Nattsidan“ („Night-Side“) wurde im Rahmen des Projekts zunächst mit den Anmerkungen eines Literaturkritikers und dann noch einmal mit Leserkommentaren veröffentlicht. Letztere Version kann hier heruntergeladen werden.
Aktuell steht die Novelle „Fantasy“ von Malte Persson, erstmals mit den Kommentaren des Autors, zu Verfügung. „Die Notizen eröffnen eine weitere Dimension und der Leser kann niemals sicher sein, ob meine Kommentare Fiktion sind oder nicht“, sagt Persson. Von der Vielschichtigkeit der Geschichte kann man sich noch den gesamten Sommer über hier überzeugen.
Mehr Infos zu dem Projekt und weitere Links zu den bisher kommentierten E‑Books gibt es hier!