von Martina Sander
In den Ferien verschwindet der kleine Magnus aus einer Sommerhütte in Nordschweden und seine Mutter behauptet, ein Riese hätte ihn geholt. Die Polizei findet trotz intensiver Suche keine Spur, keinen Hünen, und der Zwerg bleibt verschollen. Der Fall gerät in Vergessenheit.
Viele Jahre später befindet sich Susso, Kryptozoologin mit versteckter Kamera, auf Trollsuche; schließlich hat ihr Großvater damals den „Bärenreiter“ fotografiert, und das verpflichtet. Als sie von Edit hört, die meint einen Vertreter des „Stallovolkes“ direkt vor ihrem Fenster im Gespräch mit ihrem Enkel gesehen zu haben, hofft Susso endlich auf einen stichhaltigen Beweis. Doch dann wird auch Edits Enkel entführt (oder hat sich ge-trollt) und Susso stößt bei ihren Recherchen auf immer mehr Kinder, die auf mysteriöse Weise verschwunden sind. Als Susso trotz eindringlicher Warnungen mit ihren Nachforschungen nicht locker lässt, bringt sie eine Symbiose ins Wanken, die Jahrtausende funktioniert hat und deren Lebewesen sich nun, menschlich oder nicht, mit elementarer Kraft dafür einsetzen, ihre Existenz im Verborgenen zu schützen.
Stefan Spjuts „Troll“ ist mitnichten ein Thriller, wie vom Verlag angekündigt. Ist der Leser auf Spannung und Nervenkitzel aus, wird er erst allmählich fündig. Erst setzt er sich vielen atmosphärisch dichten Seiten aus, die vor allem Wirkung erzielen: Er wird Mücken abklatschen, die sich überraschend doch einzig im Buchdeckel befinden, und Allergiker werden niesen, wenn Magnus über die Sommerwiese läuft. Spjut nimmt sich viel Zeit, um seine Geschichte zu entwickeln, ohne dabei geschwätzig zu sein. Er führt das moderne Schweden mit dessen eigener Folklore zusammen, ergänzt um Versatzstücke aus Volksmärchen und samischer Mythologie und das Lesevergnügen reicht weit über einen kurzlebigen Krimi hinaus. In sehr kurzen knappen Sätzen beschreibt Spjut Alltägliches, zögert die Handlung hinaus, lässt die handelnden Personen reflektieren und schafft erst nach und nach ein düsteres Horrorszenario. Die Stimmung wird langsam dunkler und bedrohlicher, das Übernatürliche dringt in die Alltagswelt ein und plötzlich wird aus einer Familiengeschichte, Indiziensammlung und obsessiver Suche doch eine Spukgeschichte, die sich in einem blutigen Showdown entlädt. Denn Trolle treiben ihre Schulden ein, koste es, was es wolle.
Und nie wieder wird man einem zahmen Eichhörnchen im Park vorbehaltlos begegnen können.
Info:Titel: Troll (schwed. stallo)
Autor: Stefan Spjut
Erscheinungsjahr: 2014
Knaus Verlag, 480 Seiten
Das Buch kann übrigens portofrei bei Pankebuch bestellt werden!