Ein neuer Fall für Sebastian Bergman

von Mar­ti­na Sander

40819166zBei der Stock­holmer Reichsmord­kom­mis­sion um Kom­mis­sar Torkel Höglund amüsiert der Run­ning Gag: Man schaut, mit wem Sebas­t­ian Bergman ins Bett geht und legt dann der Verdächti­gen die Hand­schellen an. So ein­fach das klingt, Bergman ist deshalb nicht der große Star bei der Polizei, son­dern allen­falls unbe­liebter Stör­er. Denn der Krim­i­nalpsy­chologe, der sein eigen­er schwierig­ster Klient sein kön­nte, ist sexbe­sessen, her­ablassend und egozen­trisch, als Kol­lege ein­fach unsym­pa­thisch. Dieses Mal ist der Fall allerd­ings noch kom­pliziert­er, denn bei Bergman wer­den eigene Trau­ma­ta berührt und mit deren Ver­ar­beitung tut er sich als Fach­mann natür­lich beson­ders schw­er. Das Ehep­aar Carl­sten und dessen zwei kleine Söhne wur­den in ihrem Haus in Tors­by erschossen, mor­gens beim Früh­stück aus näch­ster Nähe. Und als sei das nicht schon schlimm genug, ent­deckt Ursu­la, die während ihrer Rekon­va­leszen­zphase im Home Office arbeit­et — sie muss sich noch an ihr neues Glasauge gewöh­nen -, dass die bluti­gen Spuren im Haus nicht etwa einem der bei­den Jun­gen gehört haben, son­dern dass da noch ein kleine Besucherin war: Nicole, die zehn­jährige Nichte der Carl­stens. Die Polizei startet eine fieber­hafte Suche, denn auch der Mörder hat ein Inter­esse, die Zeu­g­in auszuschal­ten. Und Sebas­t­ian Bergman muss sich gegen sein Phleg­ma engagieren, denn er will nicht noch ein­mal ein kleines Mäd­chen verlieren.

Auch der vierte Fall der schwedis­chen Autoren Hjorth und Rosen­feldt um Sebas­t­ian Bergman ist sehr lesenswert und gewohnt span­nend – und ist wieder sehr skan­di­navisch. Die Konz­erne, die Reichen und die Mächti­gen haben ver­lässlich Dreck am Steck­en. Und es wird psy­chol­o­gisiert und gejam­mert: Den Schmerzenser­mit­tlern und ihrem Pri­vatleben (sie haben man­nig­faltige und ziem­lich exis­ten­tielle Prob­leme) wer­den sehr viele Buch­seit­en gewid­met. Aber genau deshalb lieben wir die skan­di­navis­chen Krim­is ja so. Hier sind die ermit­tel­nden Buchgestal­ten ver­lässlich depres­sive und deprim­ierte Per­sön­lichkeit­en, deren Charak­tere sich im besten Fall – über mehrere Bände – weit­er­en­twick­eln und zum Besseren wan­deln kön­nen. „Das Mäd­chen, das ver­s­tummte“ ist zudem angenehm unblutig, hier wird mehr auf die zer­mür­bende Ermit­tlungsar­beit fokussiert als auf eine detail­lierte Beschrei­bung der Ver­let­zun­gen der Opfer. Das Erzähltem­po bleibt trotz­dem hoch, es wird wed­er auf über­raschende Wen­dun­gen, noch auf einen klas­sis­chen Show­down verzichtet. Und wenn der Kri­mi auf dem Balkon aus­ge­le­sen ist, kann man ja hineinge­hen und zwei Fälle auf DVD schauen, in denen Rolf Lass­gård als Pro­fil­er genau­so ein genialer Stinkstiefel ist wie in der Buchvor­lage.

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Info:
Das Mäd­chen das verstummte
von Michael Hjorth/ Hans Rosenfeldt
Erschei­n­ungs­jahr: 2014
Wun­der­lich, 592 Seiten

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