von Martina Sander
Im Nordlicht tanzen die Toten, sagen die Samen, und sie tanzen in diesem Jahr besonders intensiv; das ist kein gutes Omen für das Husky-Rennen und den Wintermarkt. Tatsächlich finden Touristen nach dem Samedans einen jungen Mann, furchtbar zugerichtet und geschlachtet wie ein Rentier, neben ihm das samische Messer des Mörders. Und Lars ist nicht der erste Draufgänger, der an seinem 19. Geburtstag sein Leben verloren hat. Einige Monate zuvor hatte der Freund des Toten einen tragischen Unfall mit seinem Motorschlitten. Vielleicht waren die entfernten Warnschilder am See doch kein Dummejungenstreich?
Hauptkommissarin Linda Lundin, die befürchtet hatte, dass ihre neue Stelle am Polarkreis vor allem aus der Suche nach entlaufenen Schlittenhunden bestehen würde, wird schnell eines Besseren belehrt. Die Ereignisse überschlagen sich – wie sie sich mit ihrem Auto gleich mal auf dem Weg nach Jokkmokk. Sie startet den neuen Job also mit Halsbandage, kämpft mit ständiger Übelkeit und kalten Füßen – bei schließlich klirrend kalten Minus 30 Grad – und nagt zu allem Überfluss an einem existenziellen privaten Problem. Zudem bringt die neue Kollegin ihre kleine Tochter mit zur Arbeit, weil sie niemanden zur Betreuung hat, und der neue Kollege lässt sich gleich mal wegen Befangenheit freistellen. Dass sie in den Reihen der Samen ermitteln muss, über deren Gewohnheiten sie kaum etwas weiß, macht ihre Ermittlung nicht leichter.
Klara Nordin, in Heilbronn geboren und vor 13 Jahren nach Jokkmokk umgesiedelt, hat mit ihrem Debüt-Krimi ein nettes kleines Werk vorgelegt, dem hoffentlich weitere folgen. „Totenleuchten“ ist keine große Literatur. Die Sprache ist zwar klar, aber streckenweise zu einfach, die durchaus liebenswerten Charaktere haben manchmal unfreiwillig satirische Züge und immer wieder trifft man auf Klischees, die ein bisschen wehtun. Aber ihre an Agatha Christie erinnernde altmodische Art des Indizienzusammentragens, der abgeschlossene, homogene Raum, in dem ermittelt wird, und die entspannte Art der polizeilichen Untersuchung ist durchaus charmant – und der Plot ist wirklich spannend. Der Leser lässt sich einfangen, will bis zum Ende dabei bleiben und wünscht sich sogar, über die Geschichte hinaus, zu erfahren, wie die Akteure fortfahren werden.
Was diese Lektüre aber besonders macht und warum „Totenleuchten“ wert ist, hier besprochen zu werden, ist nicht nur die plausible Milieuschilderung, sondern vor allem die Informationsfülle, die subtil verpackt und unterhaltsam eingebettet wird. Nach dem Lesen des Krimis weiß man wirklich mehr über Leben, Sitte und Tradition der heutigen Samen.
Info:Autor: Klara Nordin
Titel: Totenleuchten
Erscheinungsjahr: 2014
KiWi, 336 Seiten Totenleuchten kann übrigens portofrei bei Pankebuch bestellt werden!