Ein Interview mit der schwedischen Schriftstellerin Ann Rosman
Die Autorin Ann Rosman ist Schwedens neuester Krimi-Export. Ihre Romane vermischen allerdings unterschiedliche Genres, sind also nicht nur dem Kriminalroman zuzuschreiben. Jedes Buch erzählt neben dem obligatorischen Mordfall auch ein Stück historische Geschichte. Handlungsschauplatz ist jedes Mal die geschichtsreiche Insel Marstrand vor Göteborgs Küste.
Das erste Buch „Die Tochter des Leuchtturmwärters“ erzählt beispielsweise die Vergangenheit des alten Marstrander Leuchtturms “Pater Noster”, in dessen Keller eine vor sechzig Jahren eingemauerte Leiche entdeckt wird. In „Die Tote auf dem Opferstein“ sind es die mittelalterlichen Hexenprozesse von Marstrand, die den Anstoß zu einer Reihe von Morden geben. Im aktuellen Buch „Die Wächter von Marstrand“ geht es dagegen um Piraten und Schmuggelbanden, die zur Zeit, als die Insel 1775 zum Freihafen erklärt wurde, die Bevölkerung tyrannisierten.
Heldin all ihrer Geschichten ist die junge Polizistin Karin Adler, die auf einem Segelboot wohnt und in den Schären um Marstrand ermittelt.
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Deine Figur Karin Adler ist eine Person ohne größere persönliche Probleme, wie beispielsweise ein Wallander oder eine Bengtzon.
Ja, aber sie hat auch ihre Seiten, so wie wir alle. Sie hat Schwierigkeiten Beziehungen aufzubauen und verfügt über eine große Sehnsucht nach Freiheit und Abenteuer. Im Moment lebt sie das über ihre Rolle als Kriminalinspektorin aus.
Wird Karin Adler denn irgendwann ihr Boot wieder verlassen und in eine feste Wohnung ziehen? Auf Marstrand vielleicht?
Karin und ich diskutieren diese Frage noch. Es ist sehr interessant, wie Figuren manchmal ein eigenes Leben und einen eigenen Willen bekommen. Wir werden sehen, wohin es sie treibt.
Deine Geschichten spielen alle auf Marstrand. Hat dich die Geschichte der Insel zum Schreiben inspiriert?
Ja, definitiv. Die Insel Marstrand ist zwar klein, aber verfügt über eine strategisch günstige Lage und hat eine sehr interessante Geschichte. Es kann schon passieren, dass jemand in der Erde seines Gartens gräbt und alte Münzen findet. Oder eine alte Waffe, die dort lange Zeit versteckt lag. So etwas geschieht dort öfter, aber man kann nicht alles, was man hört, in einem Buch erzählen. Bestimmte Geschichten sollte man eher im Herzen tragen.
Wie entstand die Idee für deinen ersten Roman?
Ich arbeitete im IT- und Wirtschaftsbereich eines Unternehmens, das Unterkünfte auf Ölplattformen errichtete. Als eine Art Kulturprojekt entschied man, einen alten Leuchtturm zu renovieren. Den Leuchtturm Pater Noster vor Marstrand. Mein Vater hatte mir als Kind schon alte Geschichten über Pater Noster erzählt und so begann ich dessen Geschichte genauer zu untersuchen. Und irgendwann kam mir eine Idee für einen Roman.
Was bedeuten dir die Recherchen für deine Bücher, ist das der schönste Teil der Arbeit oder notwendiges Übel?
Recherche ist etwas, das ich liebe! Es ist spannend, in den Fußstapfen alter Generationen zu wandern und deren Geschichte wiederzugeben. Teils auch indem man alte Häuser besucht. Für „Die Wächter von Marstrand“ habe ich beispielsweise alte Gärten und alte Salzereien angesehen. Ich habe aber auch mit kundigen Menschen gesprochen und viele Fachbücher gelesen. Das Schönste ist jedoch, wenn ich alte Gegenstände finde. Es passiert einfach etwas mit mir, wenn ich alte Dinge sehe und darüber nachdenke, was diese wohl schon erlebt haben.
Ist es schwer die historischen Fakten in die fiktionale Geschichte einzuarbeiten?
Nein, ich finde es sogar leichter eine Geschichte um die Fakten herum aufzubauen. Boottypen, Essen und Kleider – so etwas muss alles stimmen. Als Leser soll man einfach das Gefühl haben, als würde man in eine andere Zeit eintauchen, mit allem, was es damals gab. Man soll die Segel schlagen hören und den Gestank von Heringen riechen.
In deinem dritten Buch „Die Wächter von Marstrand“ tritt der Kriminalfall ja immer mehr in den Hintergrund und du fokussierst auf die Geschichte der Agnes. Reizt es dich denn auch mal einen historischen Roman zu schreiben?
Ja, das ist schon möglich, dass ich das irgendwann tue. Aber im Moment habe ich nichts geplant. Außerdem mag ich die Spannung, die durch die Mischung aus Krimi und historischem Roman entsteht. Ein Jahr nachdem „Die Wächter von Marstrand“ erschienen war, unterhielt ich mich mit einem Ahnenforscher, der jetzt Nachkommen des letzten Seeräubers von Marstrand — Daniel Jacobsson – ermittelt hat. Weißt du wer das ist? ICH! Es ist einfach unglaublich, wenn man bedenkt, wie manche Dinge zusammenhängen!
Besser Nord als nie dankt für das Interview!
Weitere Informationen zu Ann Rosman hier!
Info:Autorin: Ann Rosman
Titel: Die Wächter von Marstrand (schwed. Porto Francos Väktare)
Erscheinungsjahr: 2013
Aufbau Taschenbuch, 320 Seiten
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