von Martina Sander
Engelsfors steht per se für Stillstand, in dem schwedischen Provinzkaff stirbt man höchstens an Langeweile. Als aber eines Tages der Blutmond am Himmel steht, kommt mehr Bewegung in den Ort als einigen Bewohnerinnen lieb ist. Sechs Oberschülerinnen finden sich eines nachts im stillgelegten Vergnügungspark wieder. Sie wissen weder, warum sie dort sind, noch wie sie dorthin gelangen konnten. Ihre Mission wird bald klar: Sie sind auserwählt, die Apokalypse abzuwenden. Voraussetzung ist allerdings, dass sie ihre neuen magischen Fähigkeiten koordinieren, sich bedingungslos vertrauen und sich gemeinsam – also miteinander — dem Urbösen entgegenstellen. Das ist in der Theorie nachvollziehbar, und sie würden ja auch gerne die Welt retten, allerdings können sie sich nicht ausstehen: Ida gilt als Mobberin und hat Anne-Karin schon in der Grundschule das Leben schwer gemacht, Minoo ist die schulbekannte Streberin, Außenseiterin sowieso; Rebecka sieht man nie essen, und dass Linnea nicht richtig tickt, weiß ja jeder. Bisher haben sie also vor allem alleine und mit ihren inneren Dämonen gekämpft. Doch die dunkle Seite wird zusehends stärker, die Bedrohung von außen nimmt zu und kollektives Handeln wird unerlässlich. Um die Katastrophe abzuwenden, müssen sich die Mädchen zusammenraufen, über ihre persönlichen Differenzen hinaus und egal wie verschieden sie sind.
Auch eine kleine schwedische Stadt ist also Arena für den finalen Kampf zwischen Gut und Böse. Aber im Gegensatz zur allgemeinen Fantasy-Schwemme ist die Engelsfors-Trilogie von Sara Bergmark Elfgren und Mats Strandberg mehr als nur ein sehr lesbares Abenteuer über stattliche drei Bände und 2000 Seiten. Es ist vielmehr eine Coming-of-Age-Story, die das Leben Jugendlicher in Schweden und ihre typischen Alltagssorgen thematisch mitverarbeitet. „Zirkel“ (2012), „Feuer“ (2013) und zuletzt „Schlüssel“ (November 2014) ist eine Geschichte über Ausgrenzung, Mobbing, Verlust, aber auch über Freundschaft und Liebe. Die knappe, klare Sprache aus der persönlichen Sicht der Mädchen ist wie ein endloser Kommentar aus dem Off, die moderne Poesie rotziger Jugendlicher, eine Innenschau, die auch die Elterngeneration fesseln kann. Die Trilogie schafft es mühelos gleichzeitig extrem spannendes Fantasy-Epos und einfühlsamer Jugendroman zu sein und dabei noch in typisch skandinavischer Literatur-Tradition en passant Missstände anzuprangern. Die Berichterstattung aus immer wieder neuer Perspektive und der Umfang der Trilogie, lässt Raum, die Geschichte zu entwickeln und viele Themen, die Jugendliche beschäftigen, sensibel anzusprechen.
Wer noch auf Weihnachtsgeschenkesuche ist, dem sei die Reihe (die im Februar auch in den schwedischen Kinos anläuft) wärmstens ans Herz gelegt!
Info:Autoren: Sara Elfgren und Mats Strandberg
Titel: Schlüssel (schwed. Nyckel)
Erscheinungsjahr: 2014
Dressler, 732 Seiten
Die Engelfors-Trilogie kann übrigens portofrei bei Pankebuch bestellt werden!