Die Geschichte beginnt mit Gott. Und Anna. Anna wohnt schon lange im Altersheim, als Gott endlich wieder vorbeischaut und sie auf einen Spaziergang mitnimmt. Zu ihrem alten Haus. Direkt gegenüber, wo sie nicht mehr wohnen darf. Weil Anna jetzt Dinge vergisst. Und Dinge anfangen Feuer zu fangen, wenn man sie vergisst. Aber alles hat Anna noch nicht vergessen. Sie erinnert das Haus auf der Insel. Und Antti. Und die Kinder. Und den Wal, der eines Tages durch London schwamm.
Selja Ahavas Roman „Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm“ ist genauso wundersam, wie das titelgebende Ereignis. Fast märchenhaft entrollt sich Annas Lebensgeschichte dem Leser, die, dank Annas durcheinandergeratener Erinnerungen, keineswegs gradlinig erzählt wird. Vielmehr gibt Anna dem Leser einen ungeordneten Einblick in ihr erstaunliches Leben. Und diese Erzählweise ist es, die den Roman so spannend macht. Der Leser weiß schließlich genau, wo Anna jetzt ist, aber ihr Weg dahin ist noch unbekannt. Erst langsam eröffnet sich Annas Geschichte und man lernt sie kennen und schätzen.
Die finnische Autorin versteht sich ungemein gut darin ihre Geschichte spannungsreich zu erzählen. Jedes Wort ist genau überlegt und mit Sorgfalt positioniert. Annas Gemütszustand ist nämlich nicht nur über den Inhalt der Worte, sondern auch über ihre Platzierung leicht zu erkennen. In Schachtelsätzen erzählt nur die frohgemute, mitunter naive Anna, gehäufte Anaphern dagegen werden von der wehmütigen Anna benutzt. Dieses gekonnte Spiel mit Worten und Buchstaben wird die Herzen aller Literaturfreunde höher schlagen lassen und zu ein paar angenehmen Lesestunden führen.
Somit kann der Roman nur vollends empfohlen werden. Die Geschichte ist reizend, der Stil grandios und Anna bezaubernd.
Info:Titel: Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm (fin. eksyneen muistikirja)
Autorin: Selja Ahava
Erscheinungsjahr: 2014
mare Verlag, 224 Seiten
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