von Martina Sander
Als Thomas Andreasson nach Sandhamn gerufen wird, weil der Schnee nicht wie gedacht ein verlorenes Gepäckstück, sondern eine tote Frau verbirgt, ahnt der Kommissar was auf ihn zukommt: Friedvolle ruhige Weihnachten mit seiner Familie jedenfalls nicht. Denn ausgerechnet die bekannte Kriegsberichterstatterin Jeanette Thiels liegt im Schnee und dementsprechend zahlreich sind die Verdächtigen und dementsprechend groß ist das Medieninteresse.
Außerdem ist ihr Laptop unauffindbar und bald wird klar, dass die investigative Journalistin sich beruflich zurückgezogen hatte, um privat zu recherchieren. Inwieweit auch die rechtspopulistische Partei Nya Sverige in den Fall verwickelt ist, erfährt Thomas‘ Kollege Aran bald schmerzhaft am eigenen Leib. In der Zwischenzeit muss sich Thomas’ Jugendfreundin Nora mit ganz anderen Problemen herumschlagen. Ihre Integrität als Juristin wird durch ein zweifelhaftes Finanzgeschäft ihrer Bank belastet, sie erwehrt sich der sexuellen Belästigung ihres Vorgesetzten nicht überzeugend genug, dass der Betriebsrat tätig werden kann, und privat läuft mit ihren Männern auch nicht alles rund.
Viveca Stens sechster Roman um Thomas Andreasson „Tod in stiller Nacht“ wird vom Verlag als „spannender Krimi über falsche Hoffnungen und unermessliche Schande“ angekündigt. Spannend ist das Buch durchaus, falsche Hoffnungen machen sich vielleicht die Leser bei der Lektüre, aber wo hier die „unermessliche Schande“ steckt, bleibt das eigentliche Rätsel, das leider auch die Ermittler nicht auflösen. Das Buch ist sicher nicht das stärkste aus der Reihe, so wird viel angerissen, aber dann nicht weiterverfolgt, als wolle die Autorin die üblichen skandinavischen Krimi-Ingredienzen wenigstens einmal abhandeln: Alkoholmissbrauch, häusliche Gewalt, Essstörungen, Fremden- und Frauenfeindlichkeit. Geboten wird trotzdem solide Krimischreibarbeit. Der Plot ist fesselnd, es werden viele falsche Spuren gelegt und am Ende gibt es eine überraschende Wendung. Zudem wird sich im Buch angenehm unblutig auf das Indizienzusammentragen und die Befragungen beschränkt, ohne dass das Privatleben der Ermittler zu viel Raum einnimmt. Vielleicht bietet das Buch auch winterliche Abkühlung in der Sommerhitze, als schnelle Flughafen- oder Strandlektüre ist der Krimi jedenfalls geeignet.
Sollte ein Leser, eine Leserin aufschlüsseln können, wofür der Nora-Strang im Handlungsgerüst nötig war, wäre ich für Erläuterungen dankbar – vielleicht habe ich da was Verbindendes überlesen?
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Info:
Tod in stiller Nacht (I farans riktning)
von Viveca Sten
Erscheinungsjahr: 2015
Klappenbroschur, 400 Seiten
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