Island hat eine neue Regierung. Linksgrün, konservativ-liberal und Mitte-rechts ist sie. Die neue Ministerpräsidentin heißt Katrín Jakobsdóttir und ist die zweite Frau an der Spitze einer isländischen Regierung. Ihre Linksgrünen regieren nun zusammen mit der Unabhängigkeits- und der Fortschrittspartei.
Neue und alte Minister
Die Linksgrünen waren bei den Wahlen Ende Oktober die zweitstärkste Partei und stellen neben der Ministerpräsidentin zwei von zwölf Ministern. Guðmundur Ingi Guðbrandsson, hat zwar keinen Sitz im Parlament, ist aber Minister für Umwelt und Natürliche Ressourcen geworden. Guðmundur hat von 2011–2017 die isländische Umweltschutz-NGO Landvernd geleitet.
Die Fortschrittspartei übernimmt drei Ministerposten. Die meisten Minister stellt die Wahlgewinnerin, die Unabhängigkeitspartei. Drei ihrer Minister bleiben im Amt, der frühere Ministerpräsident Bjarni Benediktsson wird Finanzminister.
Es ist etwas faul im Staate…
Auffällig ist, dass sowohl Bjarni Benediktsson als auch die alte und neue Justizministerin Sigríður Andersen wieder Teil der Regierung sind. Beide waren in den Skandal verwickelt, der die letzte Regierung zerbrechen ließ. Sigríður hatte sich geweigert, den Medien zu sagen, wer Bürge für einen verurteilten Pädophilen war, der seine “Ehre wieder herstellen” wollte. Der Verurteilte hatte seine Stieftochter zwölf Jahre land fast täglich missbraucht.
Bei der “Wiederherstellung der Ehre” handelt es sich um eine Besonderheit im isländischen Recht, für das man unter anderem ein Empfehlungsschreiben braucht. Durch das Verfahren wird zwar nicht das Strafregister gelöscht, man erhält jedoch einige grundlegende Bürgerrechte zurück, so darf man wieder für das Parlament oder das Amt des Präsidenten kandidieren oder auch wieder als Anwalt arbeiten. Die Medien dürfen später nicht mehr über die Verbrechen schreiben.
Schließlich kam heraus, dass der Bürge Bjarni Benediktssons Vater, Benedikt Sveinsson, war. Daraufhin verließ die Partei Helle Zukunft die Koalition, wegen Vertrauensbruch: Der Premierminister hätte den Koalitionparteien mitteilen sollen, dass sich sein Vater für einen Pädophilen verbürgt hatte, der seine Ehre wiederherstellen wollte.
Zusätzlich zu diesem Skandal kam heraus, dass Bjarni Benediktsson nur wenige Stunden vor dem Finanzcrash im Jahr 2008 sein gesamtes Vermögen an einen Bankfonds verkauft hatte, er bestreitet aber, Insiderwissen gehabt zu haben.
Schon in der vorletzten Regierung (2013–2016) war Bjarni Benediktsson Finanzminister und wurde wegen seines Umgangs mit den Panama Papers stark kritisiert.
Die Kürzeste
Die Wahlen Ende Oktober waren die zweiten Parlamentswahlen innerhalb von zwölf Monaten, damit war die letzte Regierung die kürzeste, die in Island jemals im Amt war. Sie zu bilden hatte über zwei Monate und viele verschiedene Koalitionskonstellationen gedauert, ihre Zeit als Regierung nur zehn Monate.
Wie 2016 waren auch diesmal die Koalitionsverhandlungen extrem schwierig. Sieben Parteien waren ins Parlament eingezogen. Verhandlungen von Linksgrünen, Sozialdemokraten, Piraten und der liberalen Fortschrittspartei waren schon Anfang November gescheitert. Nun bleibt zu hoffen, dass die neue Regierung mit ihrem ungewöhnlichen links-mitte-rechts-liberal-konservativ-grün Mix länger hält als die letzte Regierung und wieder etwas Ruhe einkehrt in die isländische Politik.