Seit 1993 wird am 6. Februar in Norwegen, Schweden, Finnland und auf der Kola-Halbinsel in Russland der Nationaltag der Samen gefeiert. Das Datum erinnert an den ersten länderübergreifenden samischen Kongress, der am 6. Februar 1917 im norwegischen Trondheim stattfand.
Derzeit leben in den vier Ländern an die 70.000 Samen – davon etwa 40.000 in Norwegen, 20.000 in Schweden, knapp 8.000 in Finnland und 2.000 auf der russischen Kola-Halbinsel.
Ihr Siedlungsgebiet, Sápmi, umfasst den nördlichen Teil des arktischen Gebiets Nordeuropas und die russische Kola-Halbinsel.
Zum Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts erfuhren die Samen Rassismus, Unterdrückung und Diskriminierung. Mit dem Aufkommen der Rassenbiologie im Schweden der 1920er Jahre wurde behauptet, dass die Samen gewisse minderwertige „Rasseneigenschaften“ aufwiesen und damit der restlichen Bevölkerung unterlegen wären. 1928 erkannte der schwedische Reichstag den Samen das Recht ab, in ihrem ursprünglichen Siedlungsgebiet zu jagen und zu fischen.
Samischen Kindern wurde eine normale Schulbildung verweigert. Um die Samen nicht zu „zivilisieren“ sollte der Unterricht auf einem sehr niedrigen Niveau stattfinden. Gleichzeitig wurde in allen vier Ländern in den Landesschulen die samische Sprache verboten.
Ab den 1950er Jahren begannen die Samen für mehr Einfluss und Selbstbestimmung zu kämpfen. 1973 wurde in Finnland das erste vom samischen Volk gewählte Parlament gegründet. In Norwegen entstand 1989 das norwegische Sametinget. In Schweden haben die Samen erst seit 1993 ihr eigenes Parlament. Die samischen Parlamente haben die Aufgabe, die Interessen der Samen zu schützen und zu fördern. So haben sie in den jeweiligen Ländern mittlerweile den Status eines indigenen Volkes. Norwegen und Finnland haben 1992 die samischen Sprachen als offizielle Landessprachen anerkannt, in Schweden ist Samisch seit 2000 offizielle Minderheitensprache.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebte die samische Kultur einen Aufschwung. Heute gibt es samischsprachige Kindergärten und Schulen und in Radio und Fernsehen werden Sendungen auf Samisch ausgestrahlt. 1990 wurde in Kautokeino (in der norwegischen Finnmark) die samische Universität Sami Allaskuvla eröffnet und beim Festival Riddu Riđđu in Nord-Norwegen wird alljährlich die Kultur indigener Völker gefeiert.
Als die Nordischen Botschaften 2015 in der Wanderausstellung SÁMI CONTEMPORARY 23 Künstler aus Finnland, Norwegen und Schweden präsentierten, war in Berlin erstmals ein umfassender Überblick über die zeitgenössische samische Kunstszene zu sehen.
Die Samen haben inzwischen zwar einige Erfolge erkämpfen können, ringen aber als Minderheit noch immer um ihr Recht auf Selbstbestimmung und darum, das von ihnen einst besiedelte Land nutzen zu dürfen. Das ILO-Übereinkommen 169 (Übereinkommen der internationalen Arbeitsorganisation ILO über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern) wurde bislang nur von zwei der nordischen Länder, nämlich Norwegen und Dänemark, ratifiziert.
Samisches Dorf gegen den schwedischen Staat
2009 verklagte das samische Dorf Girjas den schwedischen Staat, da bislang weder Regierung noch Reichstag eine Entscheidung in der umstrittenen Frage um die Land- und Wassernutzung und Jagd- und Fischrechte oberhalb der Baumgrenze in Nordschweden getroffen haben. Letztes Jahr erregte der Fall vor allem durch Äußerungen der Vertreter des schwedischen Staates große Aufmerksamkeit, da der Status der Samen als indigenes Volk und die damit einhergehenden Rechte wiederholt in Frage gestellt und die Samen konsequent als “Lappen” bezeichnet wurden — eine abwertende Bezeichnung, die aus der Zeit der Rassenbiologie stammt.
Als Antwort darauf brachte die samisch-schwedische Sängerin und Aktivistin Sofia Jannok Ende Januar das Video We Are Still Here heraus, eine Zusammenarbeit mit dem Künstler Anders Sunna. “Der schwedische Staat stellt uns als Volk in Frage, behauptet, dass Schweden keine koloniale Vergangenheit in Sápmi hat, bestreitet, dass es eine Zwangschristianisierung der Samen gab, bestreitet, dass wir hier oben schon seit langem sind und nennt uns öffentlich ‘Lappen’ — im Jahr 2015”, schreibt Sofia Jannok. “Wir antworten: Natürlich gibt es uns, wir waren schon immer hier und Schweden kolonialisiert Sápmi noch immer. Wir sind Sápmi.”
Diese Woche konnten die Samen in diesem Fall einen historischen Sieg erringen: „Die Samen befinden sich in diesem Gebiet seit mindestens dem 5. Jahrhundert nach Christus und haben seitdem bis zum heutigen Tag dort gejagt und gefischt. Weil die Rechte der Samen so weit zurückreichen, wiegen sie schwerer als die Besitzübernahme des Gebiets durch den schwedischen Staat im 16. Jahrhundert unter Gustav Vasa,“ befand das Gericht am 3. Februar.
Pünktlich zum diesjährigen Nationalfeiertag veröffentlicht Jannok zudem ihre neue Single „This is my land“.
Titelbild: “Vier Nationen Armee (Sámi-Flagge)” von Anders Sunna
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