In einem Osloer Krankenhaus liegt ein Mann im Koma, dessen Identität geheim gehalten werden soll und der unter Polizeischutz steht. Dem neuernannten Polizeipräsidenten Mikael Bellman wäre es indessen Recht, wenn der Patient das Bewusstsein nicht mehr wiedererlangt.
Parallel dazu wird ein Mann ermordet aufgefunden. Am Fundort der Leiche geschah schon zehn Jahre zuvor ein Gewaltverbrechen. Der Ermordete ist ein pensionierter Polizist und ermittelte damals in dem Fall, der jedoch nie aufgeklärt wurde.
Weitere Morde folgen, immer nach dem gleichen Muster: Die Opfer sind Polizisten, die am Tatort und zum Jahrestag eines unaufgeklärten Falls umgebracht werden, an dessen Untersuchung sie damals beteiligt waren. Die Ermittler um den Dezernatsleiter Gunnar Hagen und die Kriminaltechnikerin Beate Lønn treten bei der Aufklärung der „Polizistenmorde“ auf der Stelle und vermissen dabei zunehmend ihren ehemaligen Kollegen Harry Hole. Diesen hatte der Leser im letzten Band „Die Larve“ mit einer lebensbedrohlichen Verletzung zurücklassen müssen.
In „Koma“ wird dem Leser suggeriert, dass Harry Hole nach all den Verlusten, die er in den vorangegangenen Bänden erleiden musste, nun auch um sein eigenes Leben gebracht wurde. Harrys ehemalige Freunde, Weggefährten und Kollegen halten dabei aber die Erinnerung an ihn stets aufrecht. Sie betrauern seinen Verlust, zitieren seine Ermittlungsweisheiten und gedenken seiner wie einem verlorenen gegangenen Heiland ohne den erfolgreiche Polizeiarbeit nicht mehr möglich zu sein scheint – und das trotz eines Teams ausgewiesener Experten auf ihren Gebieten.
Obwohl ich mich selbst beim Lesen von Nesbøs Romanen manches Mal ein bisschen in Harry Hole verliebt habe und jedes mal aufs neue mit ihm litt, empfinde ich die nahezu grenzenlose Verehrung seiner Kollegen als übertrieben und auch als eine Schwäche des Buches. Darüber hinaus ist der deutsche Titel schlecht gewählt (im Original „Politi“ – Polizei) und die Unklarheit über Harry überstrapaziert. Nichtsdestotrotz zeugt auch „Koma“ von Nesbøs literarischem Können und seinem hohen erzählerischen Geschick. Er entwickelt ein komplexes Handlungskonstrukt, spielt mit den Erwartungen des Lesers und führt ihn dabei immer wieder auf falsche Fährten – vielleicht ein, zwei Mal zu oft. Manchmal scheinen die falschen Fährten und die zahlreichen, durchaus spannenden Nebenhandlungen, wie etwa die Intrigen des korrupten Bellman oder einer stalkenden Polizeischülerin, etwas überbordend.
Dennoch wurde „Koma“ meinen freudigen Erwartungen auf einen neuen Harry Hole-Roman gerecht. Der zehnte Band mag nicht der Beste der Reihe sein, bietet aber zweifelsohne großes Lesevergnügen, ist von der ersten bis zur letzten Seite spannend, mitreißend und nur schwer aus der Hand zu legen.
Wer also in den tristen Wintertagen nach einer spannenden Lektüre sucht, dem sei hiermit eine Leseempfehlung für Nesbøs „Koma“ gegeben!
Mit „Koma“ erweiterte der norwegische Autor Jo Nesbø seine Harry Hole-Reihe um den bereits zehnten Band. Durch seine Romane über den eigenwilligen Kommissar wurde Nesbø zu einem der angesehensten und erfolgreichsten Krimiautoren weltweit. Viele seiner Romane wurden mit Preisen ausgezeichnet und der dritte Teil über Harry Hole, „Rotkehlchen“, wurde vom NRK und den Buchclubs zum besten norwegischen Krimi aller Zeiten gekürt. Mittlerweile verkaufen sich seine Bücher weltweit und wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt.
Info:
Autor: Jo Nesbø
Titel: Koma (Norweg. politi)
Erscheinungsjahr: 2013
Ullstein, 624 Seiten
Der Trailer zum Buch: