von Martina Sander
Band 1: Kolibri
Anna Feketes erster Arbeitstag ist noch übler, als sie erwartet hat. Die junge Kommissarin wird dem größten Ekel der Abteilung zugewiesen; Esko, der ständig aus dem Flachmann trinkt, sich selten wäscht und Anna mit fiesen Sprüchen attackiert. Mit dem ausländerfeindlichen Finnen eine mysteriöse Mordserie aufzuklären, ist nicht das, was sich die Ex-Jugoslawin unter Teamwork vorstellt. Denn eine junge Joggerin wurde erschossen und in ihrer Jackentasche finden die Ermittler einen Kolibri, das Amulett eines aztekischen Kriegsgottes. Kurz darauf wird der nächste Sportler ermordet, wieder findet sich ein Amulett in seiner Jacke. Zwischen den beiden Toten gibt es allerdings so wenig Berührungspunkte wie zwischen den beiden Ermittlern. Und es wird weiter gemordet.
Kati Hiekkapelto ist mit ihrem Kriminalroman „Kolibri“ ein vielversprechendes Debüt geglückt, auf dessen Nachfolgeband man gespannt sein konnte. Zwar besetzt Leena Lehtolainens Maria Kallio seit vielen Jahren den ersten Rang der feministischen Ermittlerinnen in Finnland, aber eine weitere Polizistin kann ja durchaus eine Bereicherung der nordischen Krimilandschaft sein. Zumal die Autorin ihren durchaus komplexen Charakter durch die migrantische Herkunft noch um interessantes Detail erweitert hat. Die Themenwahl, Immigration, Flüchtlingsproblematik, Zwangsverheiratung, wirkt aktuell, der Plot ist gelungen, die Sprache fließt. Und das Zusammenspiel – oder gerade nicht – der Hauptakteure und deren langsames Annähern machte neugierig auf deren Entwicklung. Vielleicht hätte etwas am Temporegler gedreht werden können, die Ermittlungen drehen sich manchmal im Kreise, Nebenhandlungen nehmen Raum ein, ohne die Handlung voranzutreiben. Aber mit der überraschenden Wendung am Ende ist der Autorin ein netter, gut lesbarer Erstling gelungen.
Band 2: Die Schutzlosen
Ein alter Mann, liegt auf der Straße. War er schon tot oder hat die nervige Ungarin ihn versehentlich überfahren? Ein Dealer liegt tot in seiner Wohnung. Ist er Opfer eines Bandenkrieges oder ist doch der geständige pakistanische Flüchtling der Täter, obwohl alles gegen ihn spricht?
Wer den Kolibri mochte, wollte sicher mit den „Schutzlosen“ fortfahren, und liest doch leider wieder nur den Kolibri. Die Themen aus dem Debütband (Flüchtingsproblematik, gescheiterte Immigration, Entwurzelung) werden wieder aufgenommen, die Handlung wird nur vorsichtig variiert. Und der Plot (familiäre Tragödien, Verwirrung stiftende Nebenstränge, die ins Leere laufen) hangeln sich so nah am Vorgänger entlang, dass per Ausschlussverfahren sehr schnell klar wird, wer als Täter/Täterin übrig bleibt. Was als Lesespaß hätte herüberhelfen können (zu Band drei): die Zähmung des widerspenstigen Esko, wird einzig ausgespart, in dem die Ermittler die Fälle einzelkämpferisch lösen. Schade. Aber einen (Lese-)Versuch hat Hiekkapelto noch gut.
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Info:
Autor: Kati Hiekkapelto
Titel: “Kolibri” und “Die Schutzlosen”
Aus dem Finnischen von Gabriele Schrey-Vasara
Erscheinungsjahr: 2014, 2015
Heyne, 464 Seiten, 384 Seiten
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