Stieg Larssons Kriminalromane sind seit ihrer Veröffentlichung im Jahre 2005 mehrere Millionen mal verkauft worden und haben seither schon einige Adaptionen erfahren. Somit war es nur eine Frage der Zeit, bis die Thriller auch in Form eines Comics verarbeitet werden. Natürlich liefern die Geschichten inhaltlich auch genug Stoff für eine Comic-Version — reichlich Gewalt, exzeptionelle Charaktere und unkonventioneller Sex sind schließlich gute Voraussetzungen für eine bildliche und verkaufsfördernde Umsetzung. Im vergangenen Jahr versuchten sich so auch gleich mehrere Autorenteams an der Umarbeitung von Verblendung, Verdammnis und Vergebung und es sind zeitgleich eine französische und eine amerikanische Version auf den Markt gekommen.
Für die Adaption des DC-Verlages (auf Deutsch bei Panini) konnten die schottische Kriminalautorin Denise Mina und die Zeichner Leonardo Manco und Andrea Mutti gewonnen werden. Mina orientiert sich bei der Konzeption stark an Larssons Vorlage und behält trotz der komplexen Geschichte sicher das Ziel im Auge. Für den Leser verwirrend sind allerdings die vielen Exkurse und Rückblenden, die oft kommentarlos in die laufende Geschichte eingeflochten werden und die sich nur Kennern der Buchvorlage erschließen werden. Interessant dagegen ist die optische Abgrenzung der Handlungsstränge Salanders und Blomqvists durch Mancos und Muttis unterschiedliche Zeichenstile. Während Mikael Blomqvist in klar konturierten und flächig kolorierten Panels wandelt, agiert Lisbeth Salander in detailreichen, engschraffierten Bildern aus hartem Strich und düsteren Farben. Trotz Schnee und Wald erinnert die gemalte Szenerie allerdings nicht unbedingt an Schweden, sondern könnte ebenso an der Ostküste Amerikas ihre Heimat haben, was wohl der amerikanischen Zielgruppe geschuldet ist. So entspricht auch Lisbeths Äußeres leider dem Rooney Maras 1 — weich und lieb, statt hart und aufrührerisch.
Die französische Variante von Autor Sylvain Runberg und Zeichner Jóse Homs ist ebenfalls eine sehr kurzweilige, auf das Wesentliche begrenzte Version des Originals. Diese Ausgabe bleibt bei der Visualisierung der bedeutsamen Geschehnisse jedoch um einiges expliziter und liest sich durch den chronologisch korrekten Aufbau verständlicher. Leider ist Homs’ semi-realistischer und karikative Zeichenstil für die ernste Handlung nicht gut gewählt, denn die leicht obszön anmutenden Körper, die wollüstigen Lippen und breiigen Gesichtszüge der Figuren nehmen der Abgründigkeit der Vorlage ihre Tiefe.
Die beiden Comics scheitern letztendlich an der Komplexität des Originals. Beide Autoren konzentrieren sich bei der Umsetzung auf die wesentlichen Höhepunkte, wobei vieles der umfangreichen Geschichte auf der Strecke bleibt (was Larssons recht ausschweifenden Wälzern nun nicht unbedingt schaden muss), hier den Charakteren aber auch Handlungsspielraum zum Entfalten raubt. Die Bücher und die Ausarbeitung der Figuren sind doch zu vielschichtig, um sie für einen dünnen Comic (trotz der Aufteilung in jeweils zwei Bände) zufriedenstellend zu adaptieren.
Alle Comics können übrigens portofrei bei Pankebuch bestellt werden!
Info:Titel: Verblendung (amerik. The gilr with the dragon tattoo. book 1)
Autoren: Denise Mina, Leonardo Manco, Andrea Mutti
Erscheinungsjahr: 2013,
DC/Vertigo Info:
Titel: Verblendung (franz. millenium 1: les hommes qui n’aimaient pas les femmes)
Autoren: Sylvian Runberg, José Homes
Erscheinungsjahr: 2013
Splitter
Notes:
- Schauspielerin Rooney Mara spielt in der amerikanischen Filmversion von Verblendung die Rolle der Lisbeth Salander. ↩