Der Dreisatz der Wohnungsgestaltung, Geerbtes, Flohmarktfunde und Ikea-Käufe (das ist schließlich ein nordisches Magazin) zu kombinieren, entfällt in ZUHAUSE. GEFUNDEN zugunsten allein des Zweitgenannten. „Gefunden“ und „Fundstücke“ bestimmen hier alle Inneneinrichtungen. Nie würde eine Sammlerin eine Gardinenstange kaufen, lieber sucht sie Monate in der Natur, bis sie den ultimativen Ast gefunden hat. Wir beobachten Künstler*innen und Designer*innen, auch Exzentriker*innen; wir dringen in persönliche Refugien ein und erfahren viel über das Leben, die Wünsche und Sehnsüchte der Porträtierten. Allen gemeinsam ist eine große Naturliebe: Das Meer, der Wald drücken sich in ihren Räumen aus – und so finden sich natürlich auch einige Nordlichter unter den Gestalter*innen weltweit.
Die Fotos der Sammlungen sind natürlich wichtig, aber das eigentlich Besondere des Buches sind die kleinen Geschichten, die sich um die Fundstücke und deren Besitzer*innen ranken. Sie sind Diogenes mit ihrer modernen Tonne: mit aus Treibholz gebauten Strandhütten, mit mobilen Karossen und Hexenhäuschen, zu denen man nur finden kann, weil frühere Generationen weiße Steine ausgelegt haben, die den Weg durch den Wald markieren. Ob sie in Westfjorde, Norwegen, das Märchen von Hänsel und Gretel kannten? Propagiert wird hier nicht Hygge, sondern ein neuer Blickwinkel auf das Wohnen, der offener und unkonventioneller ist, und sehr nachhaltig.
Das Buch ist ein haptisches und optisches Erlebnis, es kommt Ruhe auf, ein kleiner Urlaub oder wenigstens Alltagsausstieg ist allein beim Durchblättern möglich.
P. S. Irritierend für Großstädter*innen mögen die Damen mit ihren Seetang-Zaubereien sein, aber alles andere ist einfach nur schön.
Info
Zuhause. Gefunden. | Mit Fundstücken Atmosphäre schaffen
von Oliver Maclennan
Sieveking Verlag, 2019
256 Seiten