Am heutigen Sonntag sind ca. 5,5 Millionen Schweden aufgerufen, bei der Kirchenwahl ihre Stimme abzugeben, um über die Zusammensetzung sämtlicher Gemeinde- und Stiftsvertretungen sowie der gesamtschwedischen Kirchensynode abzustimmen. Die Schwedische Kirche wird von sogenannten Nominierungsgruppen gesteuert, wovon einige politische Parteien sein können. Neben den unpolitischen Gruppen, stellen sich dieses Jahr drei Reichstagsparteien zur Wahl auf: die Socialdemokraterna, Centern und die Sverigedemokraterna.
Seit elf Jahren nun sind die radikal rechtspopulistischen Sverigedemokraterna (SD) im kyrkomötet, dem kirchlichen Pendant zum Reichstag, vertreten. Ihr Engagement in der Kirchenpolitik wird von vielen als Sprungbrett ins Parlament gesehen und war Teil ihrer „Normalisierungsstrategie“, um salonfähig zu werden.
Gemeinhin wird dieser Wahl aber wenig Bedeutung beigemessen, weshalb sie stets auch nur eine sehr geringe Wahlbeteiligung (ca. 12% 2009) aufweisen kann und daher häufig als „die vergessenen Wahl“ bezeichnet wird. Daran wird sich auch dieses Jahr nur wenig ändern. Allerdings können bei der geringen Wahlbeteiligung die Stimmen, die die SD gewinnen, sehr gewichtig ausfallen und ihnen zu großem Einfluss innerhalb der Schwedischen Kirche verhelfen.
Die SD sehen in der Schwedischen Kirche ein potentielles Forum für ihre Vorstellung von Schwedentum (svenskhet). „Vieles was wir als Schwedentum betrachten, ist mit der Kirche und dem christlichen Erbe verbunden“, so der SD-Vorsitzende Jimmie Åkesson. In diesem Sinne betitelten sich die SD auf ihrer Homepage auch als eine „Stimme für Tradition und Glaube“, die es in der Schwedischen Kirche braucht, um „unsere Traditionen, unser Kulturerbe und unsere Geschichte zu schützen“. Demzufolge wollen sie unter anderem, dass die Schwedische Kirche nicht mehr länger die „Islamisierung der Gesellschaft“ und die „Masseneinwanderung“ unterstützt und daher keine weiteren Imame anstellt und dass sie aufhört (illegale) Einwanderer zu verstecken. Weiterhin sehr umstritten sind die konservativen Auffassungen der SD von Familie und den Geschlechterrollen. Einige Mitglieder haben sich sogar offen für ein Verbot von kirchlichen Trauungen von gleichgeschlechtlichen Paaren ausgesprochen.
2010 ist den SD erstmals der Einzug ins Schwedische Parlament geglückt. Und trotz einiger Skandale, die die Verbindung der Partei zur rechtsextremen Bewegung und dem Rassismus einiger Parteimitglieder deutlich machten, liegen sie laut Umfragen stabil über der Vierprozenthürde. Für die SD stellt die diesjährige Kirchenwahl demnach zwar kein Sprungbrett mehr dar. Mit zu- oder abnehmenden Einfluss der SD, kann sich jedoch entscheiden, in welche Richtung eine große und noch immer einflussreiche Institution sich entwickelt.
Bis 20:00 wird sich also zeigen, ob die Schwedische Kirche eine Institution bleibt, die „sich für eine generöse Flüchtlingspolitik und die Wichtigkeit des Dialogs mit anderen Religionen“ ausspricht und ein modernes Bild der Geschlechterrollen vertritt oder ob sie sich in eine entgegengesetzte Richtung entwickelt.