Nach der Wahl in Norwegen — Rechtspopulisten höchstwahrscheinlich mit in der Regierung

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Wahlplakat der Høre in Trondheim

Gestern began­nen in Nor­we­gen die ersten Sondierungs­ge­spräche für eine Vier- Parteien-Regierung aus den kon­ser­v­a­tiv­en Høyre (Kon­ser­v­a­tive), der rechts-pop­ulis­tis­chen Frem­skrittspar­ti (Fort-schrittspartei), der Kris­telig Folkepar­ti (Christliche Volkspartei) und den lib­eralen Ven­stre (Lib­erale). Sie einigten sich auf die Parteivor­sitzende der Høyre, Erna Sol­berg, als Pre­mier­min­is­terin, damit würde nach Gro Harlem Brundt­land (Arbei­der­par­ti, Min­is­ter­präsi­dentin 1981, 1986−1989 und 1990−1996) das zweite Mal in Nor­we­gens Geschichte eine Frau an der Spitze der Regierung stehen.

Bei der Wahl am 9.9.2013 war Høyre mit 26,8% der Stim­men zweit­stärk­ste Kraft hin­ter der Arbei­der­par­ti (Arbeit­er­partei, 30,8%) gewor­den. Diese ver­lor allerd­ings über vier Prozent gegenüber der let­zten Wahl und fuhr damit das schlecht­este Wahlergeb­nis seit über 80 Jahren ein. Die Frem­skrittspar­ti ver­lor eben­falls kräftig und lan­dete bei 16,3% (gegenüber 22,9% 2009). Trotz­dem sollen sich die Parteivor­sitzende der Høyre, Erna Sol­berg und die Vor­sitzende der Frem­skrittspar­ti, Siv Jensen, noch in der Nacht dafür aus­ge­sprochen haben, zusam­men eine Koali­tion zu bilden. Um im Par­la­ment die Mehrheit zu erre­ichen, brauchen die bei­den min­destens einen weit­eren Koalitionspartner.

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Erna ser deg” — “Erna sieht dich” Eine Anspielung der Piraten­partei auf Høre-Vor­sitzende Erna Solberg

Sol­berg wün­scht sich, laut der nor­wegis­chen Zeitung Aften­posten, eine Regierung aus den vier Parteien Høyre, Frem­skrittspar­ti­et, Sen­ter­par­ti­et und Ven­stre, während die Frem­skrittspar­ti mit allen Parteien zusam­me­nar­beit­en würde, vor­raus­ge­set­zt, sie ist an der Regierung beteiligt. Die Kris­telig Folkepar­ti und die Ven­stre hat­ten im Wahlkampf stets gesagt, dass es “wenig wahrschein­lich” wäre, dass sie in ein­er Regierung mit der Frem­skrittspar­ti zusam­me­nar­beit­en wür­den. Gestern sagte der Vor­sitzende der Kris­telig Folkepar­ti, er wolle nicht täglich Stel­lung zur Wahrschein­lichkeit für die Zusam­men- bzw. Nicht-Zusam­me­nar­beit mit den bei­den Parteien nehmen. Für die Vor­sitzende der Ven­stre var­riere die Wahrschein­lichkeit ein­er Zusam­me­nar­beit laut eigen­er Aus­sage “von Minute zu Minute”, entschei­dend sei schlussendlich aber der Gesamteindruck.

Dass die recht­spop­ulis­tis­che und frem­den­feindliche Frem­skrittspar­ti, der früher auch der Atten­täter Anders Behring Breivik ange­hörte, der 2011 in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Men­schen tötete, mitregieren wird, scheint indes sich­er. Es wäre ihre erste Regierungs­beteili­gung. Noch vor vier Jahren hat­te Sol­berg eine Koali­tion mit der Frem­skrittspar­ti aus­geschlossen. Nach den Atten­tat­en in Oslo und auf Utøya änderte die Frem­skrittspar­ti aber ihre Rhetorik und trat “nicht mehr so offen ras­sis­tisch auf”. Auch die in den let­zten Jahren stetig ver­schärfte Aus­län­der­poli­tik durch die ehe­ma­lige Regierung lässt die Rufe der Partei nach ein­er ver­schärften Ein­wan­der­erpoli­tik gemäßigt erscheinen.

Rein­hard Wolff, Aus­land­sko­r­re­spon­dent der taz, kom­men­tiert die zukün­ftige Regierungs­beteili­gung der Frem­skrittspar­ti fol­gen­der­maßen: “Mit der Auf­nahme der ‘Fortschrittspartei’ in eine Regierung fällt eine Schranke.”  Er sieht damit auch gestiegene  Chan­cen auf eine Regierung­beteili­gung für recht­pop­ulis­tis­che Parteien in anderen nordis­chen Län­dern, wie Perus­suo­ma­laiset (die Wahren Finnen), den Sverigedemokra­ter­na (Schwe­den­demokrat­en) oder der Dan­sk Folkepar­ti (Dänis­chen Volkspartei).

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