Doch keine Neuwahlen in Schweden

 

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Rechts der Regierungssitz Rosen­bad, links das schwedis­che Par­la­ment, Foto: Ola Ericson/imagebank.sweden.se

Anfang des Monats schien Schwe­den in ein poli­tis­ches Chaos gestürzt. Nach­dem die rot-grüne Regierung unter Min­is­ter­präsi­dent Ste­fan Löfven die Haushaltsab­stim­mung im Par­la­ment ver­loren hat­te, kündigte Löfven – nach etwa zwei Monat­en Regierungszeit – Neuwahlen für den 22. März an.

Hin­ter­grund der ver­fahre­nen poli­tis­chen Sit­u­a­tion war, dass die recht­spop­ulis­tis­chen Schwe­den­demokrat­en seit der Wahl im Sep­tem­ber mit einem Stim­man­teil von fast 13 Prozent die drittstärk­ste Partei im Par­la­ment stellen und ihre Posi­tion als Königs­mach­er bei der Abstim­mung über die Haushalt­sen­twürfe aus­nutzten. Zuvor kündigten sie auf ein­er Pressekon­ferenz an, jede Regierung zu Fall zu brin­gen, die die Ein­wan­derung nicht drastisch ver­ringern würde. Um dies zu erre­ichen, ver­schafften die SD dem Haushalt­sen­twurf der bürg­er­lichen Oppo­si­tion­sparteien die par­la­men­tarische Mehrheit.
Da Löfven nicht mit dem Haushalt der Oppo­si­tion regieren wollte, kündigte er am 3. Dezem­ber auf ein­er Pressekon­ferenz Neuwahlen an. Die SD teil­ten daraufhin mit, diese zu ein­er Volksab­stim­mung über Ein­wan­derung machen zu wollen.

Am Sam­stag, den 27. Dezem­ber, trat der Min­is­ter­präsi­dent nun erneut vor die Presse, dies­mal jedoch gemein­sam mit Vertretern der Allianz-Parteien, um eine Vere­in­barung zu präsen­tieren, die die Neuwahl vor­erst abwen­det und es ihm erlaubt im Amt zu bleiben.

Pressekonferenz zur „Dezemberübereinkunft“

Pressekon­ferenz zur „Dezem­berübereinkun­ft“

Gemein­sam mit den Mod­er­at­en, der Zen­trumspartei, der Lib­eralen Partei und den Christ­demokrat­en schlossen Sozialdemokrat­en und Grüne die „Dezem­berübereinkun­ft“, welche die Schwe­den­demokrat­en ihrer Macht­po­si­tion beraubt. Die bis 2022 gültige Vere­in­barung regelt unter anderem, dass das Amt des Min­is­ter­präsi­den­ten der Kan­di­dat bek­lei­den soll, der die Unter­stützung der Parteienkon­stel­la­tion auf sich vere­inen kann, die größer als alle anderen denkbaren Regierungskon­stel­la­tio­nen ist. Damit würde nicht mehr notwendi­ger Weise die stärk­ste Partei den Min­is­ter­präsi­den­ten stellen. Zudem regelt die Vere­in­barung, dass Min­der­heit­sregierun­gen zukün­ftig wieder in der Lage sein wer­den, ihre Haushalt­sen­twürfe durchzubringen.

Die rot-grüne Min­der­heit­sregierung unter Löfven muss allerd­ings vor­erst mit dem oppo­si­tionellen Haushalt weit­er­regieren, bekommt jedoch im April 2015 Gele­gen­heit, Ein­fluss darauf zu nehmen, wenn über die Richtlin­ien für die Wirtschafts- und Haushalt­spoli­tik abges­timmt wird und die „Dezem­berübereinkun­ft“ zum ersten Mal zur Anwen­dung kommt.

Während viele das block­über­greifende Bünd­nis lobten und darin eine ver­ant­wor­tungsvolle Lösung des Kon­flik­ts sehen, gab es auch Kri­tik. „Ich halte die Übereinkun­ft für falsch, weil sie wichtige par­la­men­tarische Grun­dregeln aushe­belt. Die Macht ver­schiebt sich vom Par­la­ment hin zur Regierung. Die Oppo­si­tion kapit­uliert in gewiss­er Weise, zumal bedin­gungs­los. Für die Demokratie ist das eine Nieder­lage,“ meinte z.B. der ehe­ma­lige Vertei­di­gungsmin­is­ter Mikael Oden­berg gegenüber Radio Schwe­den. Zudem wurde kri­tisiert, dass das The­ma Inte­gra­tion über­raschend wenig Erwäh­nung in der Vere­in­barung fand.

Die Regierungserk­lärung find­et ihr auf www.government.se. Außer­dem geben in The Local Swe­den zwei Poli­tolo­gen eine Zusam­men­fas­sung über die Kon­se­quen­zen, die die abge­sagten Neuwahlen nach sich ziehen.

Die gemein­same Pressekon­ferenz der Parteien­vertreter zur „Dezem­berübereinkun­ft“:

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