Als erstes europäisches Land führt Norwegen ab 2015 die Wehrpflicht auch für Frauen ein. Zwar konnten Frauen in Norwegen schon seit den 1970ern freiwillig Militärdienst leisten und mussten seit einigen Jahren auch zur Musterung, konnten den Wehrdienst doch bislang ablehnen. Ab Sommer 2016 werden die ersten Frauen nach dem neuen Gesetz ihren Wehrdienst leisten – gestützt durch eine breite Zustimmung im Parlament sowie in der Bevölkerung.
Die Änderung hat wohl mehrere Gründe. Norwegen fehlte es an militärischen Nachwuchskräften und bislang waren nur 17 Prozent der Angestellten im norwegischen Militär Frauen. Und auch wenn es das Verteidigungsministerium dementiert, so spielt sicher auch die angespannte politische Lage in Europa zwischen Russland und dem Westen eine Rolle, die durch den Ukrainekonflikt entstanden ist. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Ende des Kalten Krieges findet nun wieder ein deutliches Aufrüsten statt. Russland hat 2014, laut der Frankfurter Rundschau, „im Vergleich zum Vorjahr 243 neue Atomraketen in der Barentssee stationiert, die meisten davon an der Grenze zu Norwegen“.
Auf der anderen Seite stellt die Wehrpflicht für Frauen einen weiteren konsequenten Schritt in Norwegens Gleichstellungspolitik dar: „Gleichberechtigung ist ein zentraler Wert in Norwegen und es ist wichtig, dass wir Ländern, in denen wir operieren, diesen Wert auch vorleben“, gibt Oberstleutnantin Hilde Solheim gegenüber der Frankfurter Rundschau an. Die „geschlechtsneutrale Wehrpflicht“ geht auch zudem auf eine Initiative zurück, die der Geschlechterdiskriminierung der bisherigen Regelung ein Ende setzten wollte.
Allerdings ist das neue Gesetz natürlich kein Garant für Gleichstellung. „Im Jahr 2013 gaben laut der Zeitung ‚VG‘ 23 Prozent der weiblichen Soldaten an, sexueller Belästigung ausgesetzt gewesen zu sein. Jede fünfte Frau, die das Militär verlässt, gibt als Kündigungsgrund Mobbing oder sexuelle Belästigung an, heißt es in einem Bericht des militäreigenen Forschungsinstituts“. 1
Notes:
- Quelle: „Norwegerinnen müssen zum Militär“ von Miriam Keilbach, Frankfurter Rundschau, 24.12.2014 ↩