Die isländische Regierung, bestehend aus Unabhängigkeitspartei und Fortschrittspartei, einigte sich am Freitag auf ein Gesetzesvorhaben, mit dem die Beitrittsverhandlungen mit der EU ausgesetzt werden sollen und hat bekannt gegeben, die EU-Kandidatur des Landes zurückziehen zu wollen. Dies steht sowohl ihren Aussagen im Wahlkampf 2013, als auch ihrer offizielle Politik engegen, denn sie hatten angekündigt ein Referendum über den EU-Beitritt Islands abzuhalten. Die Unabhängigkeitspartei hattte ihren Wählern im Wahlprogramm versprochen, dass “die Entscheidung über den EU-Beitritt durch eine Volksabstimmung während der Wahlperiode getroffen wird.”
Die meisten Isländer, ganz gleich welcher politischen Partei sie anhängen, wollen dieses Referendum auch und fordern es nun ein. So hatten sich am Montag über 4.000 Menschen vor dem Parlament versammelt, um gegen den Kurs der Regierung zu protestieren, wie die Reykjavík Grapevine berichtete. Auch gestern kamen, laut dem öffentlich-rechtlichen Sender RÚV, noch einmal 3.000 Menschen vor dem Parlament zusammen.
Mehr als 30.000 Isländer haben bereits eine Internetpetition für eine Volksabstimmung über die Weiterführung der Beitrittsverhandlungen mit der EU unterzeichnet. Das ist eine große Zahl für den nur 320.000 Einwohner zählenden Staat.
Über die Hälfte der Isländer würden sich laut der letzten Umfrage für die Weiterführung der Gespräche mit der EU aussprechen, schreibt Iceland Review Online. Dabei sind es vor allem die Einwohner Reykjaviks, die den Beitritt befürworten (56 Prozent), so RÚV. Außerhalb der Hauptstadt liegt die Zustimmung bei nur 23 Prozent. Die Mehrheit der Isländer insgesamt lehnt einen Beitritt ihres Landes allerdings ab. Das bestätigt eine Umfrage aus diesem Monat: 52,4 Prozent sind gegen den Beitritt, 29,6 Prozent würden ihr Land gern in der EU sehen. Laut Iceland Review Online hatte die Meinung der Isländer dazu auch im vergangenen Jahr geschwankt, immerhin zwischen 68 und 58 Prozent Gegenstimmen. Die Meinung zur Durchführung der Volksabstimmung fiel aber auch damals eindeutig aus: 80 Prozent der Isländer wollten Ende vergangenen Jahres ein Referendum.
Der isländische Premierminister Sigmundur Davíð Gunnlaugsson findet die Kontroverse um das Referendum zu den Beitrittsgesprächen laut Reykjavík Grapevine eigenartig, denn die Regierung wolle mit ihrer Erklärung nur ihren Standpunkt klarmachen: “This is not a natural disaster, and the media coverage of this has been as one sided as I have ever seen it. People should maybe calm down a little and have a look at what’s happening” so Gunnlaugsson.
Island hatte nach dem Zusammenbruch der isländischen Banken 2009 die Mitgliedschaft in der Europäischen Union beantragt. Bei den Neuwahlen im April 2009 hatte eine Koalition aus Sozialdemokraten und Links-Grünen die absolute Mehrheit im Althing gewonnen und noch am Wahlabend hatte die damalige Ministerpräsidentin Johanna Sigurdardottir angekündigt, Island in die EU zu führen.
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