Die finnische Künstlerin und Schriftstellerin Tove Jansson wurde durch ihre „Mumin“-Comics weltberühmt und für ihr literarisches Werk mehrfach ausgezeichnet. In den zwei letzten Jahrzehnten ihres Lebens schrieb sie vor allem Romane und Erzählungen für Erwachsene, deren Gestalten aber auch menschliche Mumins sein könnten – allerdings mit weniger positiven Eigenschaften. Zwei Bücher sind im Urachhaus erschienen, ein Roman und ein Erzählband, letzterer für Jansson-Einsteiger*innen oder Genießer*innen mit wenig Zeit.
In einem als Hotel kaschierten Seniorenheim in Florida, in der „Stadt der Sonne“, verbringen alte Menschen ihre finale Phase. Paradies oder Hölle: Für die Bewohner*innen kann es beides sein, denn sie sind auch in hohem Alter noch offenherzig, neugierig und liebevoll oder boshaft, neidisch und intrigant. In kleinen Episoden breitet sich ein ganzer Mikrokosmos von Exzentriker*innen aus, mit Leidenschaften, Empfindungen oder nur geplagt von endloser Langeweile. Und der/die Lesende wird belohnt für die Überwindung, die es erst einmal gekostet hat, ein Buch über einzig sehr alte Menschen zu lesen.
Auch in Tove Janssons Erzählband „Das Puppenhaus“ tummeln sich die Figuren in einem streng umrissenen Areal, eben in einem menschlichen Mumintal. Sie befinden sich in einem inneren Dialog oder in einem vagen Austausch mit ihrer Umwelt, die sie nicht verstehen und zu der sie keinen Zugang haben. Die Großmutter verliert das Zeitgefühl, die anderen ihre Beherrschung oder sich selbst.
Tove Janssons moderne Sprache, ihr Humor, ihr unverwechselbarer Blick auf die Schwachstellen der Charaktere und deren Psyche, machen ihre Bücher eingängig und zu kleinen literarischen Meisterwerken. Dass sie auch leicht lesbar sind, spricht für die Autorin und nicht zuletzt für Birgitta Kicherers hervorragende Übersetzung aus dem Schwedischen.
Weitere Bücher von Tove Jansson!
Info:
Das Puppenhaus: Erzählungen von Tove Jansson
aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer
2018, Urachhaus
Stadt der Sonne von Tove Jansson
aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer
2018, Urachhaus
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