Weihnachten steht vor der Tür und in dieser Zeit sind die skandinavischen Länder für viele vielleicht mehr denn je Sehnsuchtsländer — schließlich wohnt ja auch der Weihnachtsmann in Finnland. Oder wo war das jetzt? Naja, jedenfalls verspricht der Norden wunderschöne Winterlandschaften, Gemütlichkeit und schöne weihnachtliche Traditionen. Über die wollen wir in dieser kleinen Serie schreiben: darüber, welche Bräuche es in Schweden, Dänemark, Finnland, Norwegen und Island in der Weihnachtszeit gibt, was man isst und allgemein wie man diese Zeit des Jahres im Norden begeht. Und hoffentlich werden wir euch damit auch etwas in Weihnachtsstimmung versetzen.
Teil 1: Schweden
“Die vielen Lichter bilden einen feinen Kontrast zum winterlichen Dunkel, eingebettet in den Schnee sind die roten Häuschen schöner denn je, die Tannen stehen dunkel und ernst am Waldrand. Der Weihnachtsmann schleicht um die Hausecke, und am Nachthimmel pulsiert der Polarstern.”
Adventszeit
Der November ist der meist verhasste Monat in Schweden — es ist nass, kalt und grau. Doch darauf folgt die Vorweihnachtszeit, die wieder etwas mehr Licht verspricht — wenn auch kein Sonnenlicht. In Nordschweden geht zu dieser Zeit des Jahres die Sonne gar nicht mehr auf. Um der Dunkelheit zu trotzen und in Weihnachtsstimmung zu kommen, wird in Schweden reichlich mit allerlei Lichtern dekoriert, es werden Bäume illuminiert und viele Schweden stellen Lichter in ihren Fenstern auf. Und vielleicht versöhnt auch der erste Schnee mit der Kälte und Dunkelheit.
Ähnlich wie in Deutschland wird auch in Schweden das Warten auf den Weihnachtsabend damit verkürzt, dass an jedem Adventssonntag eine Kerze angezündet wird. Im Gegensatz zu unserem Adventskranz hat man in Schweden aber eher einen Leuchter mit vier, in einer Reihe angeordneten Kerzen.
Außerdem gibt es seit 1960 einen besonderen Weihnachtskalender und zwar in Form einer Geschichte in 24 Teilen, von denen das schwedische Fernsehen vom ersten bis zum 24. Dezember täglich eine ausstrahlt. Natürlich ist es jedes Jahr eine andere Geschichte. Der diesjährige Kalender heißt “Storm på Lugna gatan”:
Kulinarisch genießen die Schweden in der Adventszeit pepparkakor, die vom Geschmack her unserem Spekulatius ähneln und nicht sehr viel mit unseren Pfefferkuchen gemein haben, lussekatter, ein Hefegebäck mit Safran und glögg, Glühwein, der aber mit Mandeln und Rosinen getrunken wird. In vielen Restaurants wird julbord, das typische Weihnachtsbuffet angeboten, bestehend aus verschiedenen Sorten Hering, Würsten, dem Weihnachtsschinken und noch vielem, vielem mehr. Das traditionelle Weihnachtsessen wird zum Beispiel sehr schön in Astrid Lindgrens Michel — Das große Aufräumen von Katthult oder Weihnachten in Bullerbü beschrieben.
Lucia
Der 13. Dezember, der Tag der Lucia, ist ein besonders wichtiger Tag in der schwedischen Vorweihnachtszeit. Lucia ist die mythische Trägerin des Lichts, die mit ihrem Gefolge aus Jungfern und Sternknaben mit Gesang und Kerzen den dunklen schwedischen Winter erhellt. Die Lucia-Umzüge sind am 13. Dezember vielerorts in Schweden zu sehen. Vor der Gregorianischen Kalenderreform, war der 13. Dezember der kürzeste Tag des Jahres, weshalb das Lucia-Fest auf diesen Tag fällt.
Im familiären Kreis, in Kindergärten, Schulen und am Arbeitsplatz wird das Fest gefeiert. Man isst lussekatter, singt Weihnachtslieder und wählt im Vorfeld eine Lucia, die den Umzug am 13. Dezember anführt. Die Lucia trägt ein weißes Gewand, ein rotes Band um die Taille und einen Kranz mit Kerzen auf dem Kopf. Wie jedes Jahr wird das schwedische Fernsehen SVT am 13. Dezember das Lucia-Konzert live übertragen.
Der Weihnachtsbock von Gävle
Den julbock also den Weihnachtsbock, der früher die Geschenke brachte, gibt es in fast allen nordischen Ländern. Heute ist er in Prinzip ein Dekorationsgegenstand aus Stroh, der mittlerweile auch hierzulande Einzug gehalten hat. In der schwedischen Stadt Gävle existiert er allerdings in besonderer Form, um den sich zudem ein sehr kurioser “Brauch” entwickelt hat.
Jedes Jahr am ersten Advent (seit 1966) wird auf dem Schlossplatz von Gävle ein 13 Meter hoher Strohbock eingeweiht, der dort eigentlich bis ins neue Jahr stehen soll. Allerdings ist es über die Jahre zum inoffiziellen Volkssport geworden, den Bock in Brand zu stecken. 2016 feiert der Gävle Weihnachtsbock seinen 50. Geburtstag. Das Leben des Weihnachtsbocks kann man übrigens in seinem Blog und über eine Webcam verfolgen.
Weihnachten
Der Höhepunkt des Weihnachtsfestes ist auch in Schweden der Weihnachtsabend am 24. Dezember. Um Punkt fünfzehn Uhr sitzt ganz Schweden vor dem Fernseher und guckt alte Donald Duck-Sendungen und andere Disneyfilme — eine Tradition, die seit 1960 besteht. Erst danach kann das Feiern beginnen. Man genießt die diversen Leckereien vom julbord, wobei der Weihnachtsschinken die Haupttraktion ist. Den Abschluss bildet ein süßer Reisbrei in dem eine Mandel versteckt ist. Wer die Mandel in seiner Portion findet, soll der Legende nach im kommenden Jahr heiraten. Danach bringt der Weihnachtsmann, jultomte oder tomte, Geschenke, die in Schweden übrigens julklappar heißen. Zur Verdauung wird um den Weihnachtsbaum getanzt.
Als Schweden noch eine bäuerliche Gesellschaft war, gab es in der Weihnachtszeit viele unterschiedliche regionale Gebräuche und Spezialitäten, die mit der Zeit verschwunden sind. Wie man auch noch in den Geschichten von Astrid Lindgren nachlesen kann, wurden die Häuser früher zu Weihnachten geputzt und mit Wandteppichen an den Wänden und Stroh auf dem Boden geschmückt. Die Vogel erhielten zur Feier des Tages eine Weihnachtsgarbe und der Hofwichtel eine Schüssel Brei.
Früher ging am Knutstag, dem 13. Januar, Weihnachten zu Ende und man hielt ein Gelage ab. Am Knutstag fand in bürgerlichen Kreisen die Plünderung des Weihnachtsbaums statt, wobei alles essbare am Baum geplündert wurde, was auch heute noch populär ist.
Zur Zeit senden die Kanäle P2 Klassisk jul und P4 Bjällerklang des Schwedischen Rundfunks ausschließlich Weihnachtsmusik. Außerdem sollte man unbedingt mal den Weihnachtskalender des Schwedischen Fernsehens verfolgen — auch als Erwachsener.
Aber um in (schwedische) Weihnachtsstimmung zu kommen, empfiehlt sich nichts mehr als die Weihnachtsgeschichten von Astrid Lindgren, besonders schön sind die Hörbücher “Weihnachten mit Astrid Lindgren”!
Wenn ihr außerdem wissen wollt, wie in den anderen Ländern Weihnachten gefeiert wird, lest hier mehr:
Teil 1 – Weihnachten in Schweden: Lucia, Tomte und Julklappar
Teil 2 – Weihnachten in Island: Stinkender Fisch und die gefährliche Weihnachtskatze
Teil 3 – Weihnachten in Finnland: Joulu und die Weihnachtssauna
Teil 4 – Weihnachten in Dänemark: Julebryg, Nisser und Hygge
Teil 5 – Weihnachten in Norwegen: Geselligkeit und Lutefisk
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